Der Tatbestand der Körperverletzung erstreckt sich auf sämtliche Lebensbereiche: Sowohl im Verkehr, in der Medizin und im alltäglichen Leben kann eine Körperverletzung zu schweren Ahndungen führen. Das Gesetz sieht für besonders schwere Vergehen im Bereich der Körperverletzung gar langjährige Haftstrafen vor. Doch wie ist der Begriff “Körperverletzung” per Gesetz definiert? Ab wann ist es tatsächlich Körperverletzung? Welche Formen und Grade der Körperverletzung gibt es? Was hat eine Anzeige wegen Körperverletzung für Folgen?
Über diese und viele weitere Fragen will Ihnen dieses Ratgeber-Portal Aufschluss geben.
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Auf den folgenden Seiten finden Sie nähere Informationen zu den einzelnen Klassifikationen der Körperverletzung:
Statistiken über Delikte und Tatbestände mit Körperverletzungen
Das Bundesministerium des Inneren gibt jedes Jahr eine “Polizeiliche Kriminalstatistik” (PKS) heraus, anhand derer sich die Entwicklung und der Stand der Straftatbestände in der Bundesrepublik Deutschland ablesen lassen.
Insgesamt wurden in Deutschland 2014 gut 6,08 Millionen Straftaten gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr stieg diese Zahl leicht um 2 Prozent. Unter diese Summe an Straftatbeständen fallen Vergehen wie:
- Gewaltdelikte
- Straßenkriminalität
- Diebstahldelikte
- Computerkriminalität
- Wirtschaftskriminalität
- Straftaten gegen das Waffengesetz
- Drogendelikte
- u.v.m.
Neben diesen Straftaten ist auch der Tatbestand der Körperverletzung in den Übersichten angegeben. Getrennt wird dabei in gefährliche und schwere Körperverletzung sowie vorsätzliche einfache Körperverletzung. Letztere wird als gesonderter Punkt aufgeführt, während die ersten zwei Tatbestände in die Gewaltkriminalität hineinfallen. Hinzu treten noch die Körperverletzungen im Bereich der Straßenkriminalität.
Im Jahre 2014 lag die Zahl der Körperverletzungen bei
- 125.752 schweren und gefährlichen Delikten
- 374.576 vorsätzlichen einfachen Delikten
Insgesamt sank die Anzahl der Körperverletzungen im Vergleich zum Jahr 2013.
Was ist Körperverletzung? Eine allgemeine Definition
Das Strafgesetzbuch (StGB) beschäftigt sich in Abschnitt 17 ausschließlich mit dem Thema “Körperverletzung”. Dieser Abschnitt umfasst die Paragraphen 223 bis 231 StGB. An seinem Anfang steht eine rechtsgültige Definition des Begriffes, den § 223 Absatz 1 StGB wie folgt wiedergibt:
“Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.”
Die Körperverletzung, wie sie in Paragraph 223 StGB definiert ist, beschreibt den Grad der einfachen Körperverletzung.
Eine Person, die folglich anderen Personen ein körperliches Leid zufügt, begeht eine Körperverletzung. Dieser Tatbestand kann bei besonderer Schwere mit einer langjährigen Haftstrafe geahndet werden. Doch nicht nur der tatsächliche Angriff auf die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen kann eine Strafe nach sich ziehen: Schon allein der Versuch ist laut § 223 Absatz 2 StGB strafbar.
Die Bestimmungen, die in Abschnitt 17 StGB getroffen sind, können auch auf spezielle Lebensbereiche Anwendung finden – etwa im Verkehrsstrafrecht. Doch auch Beamte des öffentlichen Dienstes von Polizei, Feuerwehr und Co. können für eine mögliche Körperverletzung bestraft werden. In § 340 StGB wird der Tatbestand der “Körperverletzung im Amt” beschrieben.
Die Ahndung eines entsprechenden Vergehens wird hier jedoch einer strengeren Bewertung zugeführt. Eine Geldstrafe ist im Falle der Körperverletzung während der Dienstzeit nur noch in minderschweren Fällen möglich. In der Regel drohen Haftstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Aber auch in einem minderschweren Fall kann der Polizist mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden.
Das Strafgesetzbuch kennt die Körperverletzung jedoch in unterschiedlichen Ausformungen: Neben der allgemeinen Definition der einfachen Körperverletzung umfasst der 17. Abschnitt des Strafgesetzbuches auch einzelne, thematisch differenzierte Paragraphen, die sich mit besonderen Formen und Graden der Körperverletzung beschäftigen. Hierzu zählen:
- die (einfache) Körperverletzung (§ 223 StGB)
- die gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB)
- die Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB)
- die schwere Körperverletzung (§ 226 StGB)
- die Verstümmelung weiblicher Genitalien (§ 226a StGB)
- die Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)
- die Körperverletzung bei Einwilligung (§ 228 StGB)
- die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)
- die Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 StGB)
Welche Strafe bei Körperverletzung drohen kann, richtet sich nach dem jeweiligen Grad. Im Folgenden finden Sie eine genauere Aufschlüsselung der einzelnen Grade des zu untersuchenden Tatbestands nach schwerer, gefährlicher und fahrlässiger Körperverletzung und der Körperverletzung mit Todesfolge. Die Sonderformen der Verstümmelung, der Verletzung bei Einwilligung der versehrten Person und die Misshandlung sollen anschließend in einem gesonderten Bereich erläutert werden.
Laut § 78 StGB ist bei Körperverletzung eine Verjährung von fünf Jahren anzusetzen. Sind die fünf Jahre Frist vorüber, kann die Körperverletzung im Strafrecht oftmals keine Ahndung mehr finden.
Die unterschiedlichen Grade der Körperverletzung
Je nach Qualität des Tatbestands kann eine Körperverletzung in unterschiedlichen Abstufungen vorliegen. Im Folgenden finden Sie eine allgemeine Definition der einzelnen Grade, die im Falle einer Körperverletzung vorliegen können.
Die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)
Im Vergleich zu den anderen Graden der körperlichen Versehrung von Personen, kann die fahrlässige Körperverletzung noch als leichteste Variante angesehen werden. Doch nichtsdestotrotz bleibt die Körperverletzung bestehen und muss einer Ahndung zugeführt werden. Doch wie genau ist die fahrlässige Körperverletzung definiert? Und was genau meint der Begriff “fahrlässig” eigentlich?
Fahrlässigkeit steht als rechtsgebräuchlicher Begriff dem Vorsatz gegenüber. Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn die betreffende Person nicht die notwendige Sorgfalt hat walten lassen und dabei einen anderen Menschen verletzte. Dieser Vorwurf ist vor allem auch im Straßenverkehr im Falle eines Unfalls besonders anzunehmen. § 227 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmt die sogenannte “einfache” Fahrlässigkeit wie folgt:
“Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.”
Der Angeklagte hat in einem solchen Fall nicht willentlich und absichtlich gehandelt und auf die Verletzung eines anderen Menschen abgezielt. Eine Fahrlässigkeit im Straßenverkehr kann zum Beispiel dann vorliegen, wenn der Fahrer eines Wagens durch irgendetwas abgelenkt war, so etwa auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auffuhr und die Insassen verletzte.
Die rechtliche Unterscheidung der Grade der Fahrlässigkeit ist dann wichtig, wenn es etwa das Strafmaß einer fahrlässigen Körperverletzung festzulegen gilt. Die unbewusste Fahrlässigkeit bedeutet, dass sich der Täter nicht über die möglichen Folgen seines Handelns bewusst ist, diese aber doch aufgrund der fehlenden Sorgfaltspflicht hätte vorraussehen können. Bewusste Fahrlässigkeit hingegen liegt dann vor, wenn der Täter sich der möglichen Folgen bewusst ist, dabei jedoch darauf vertraut, dass diese dennoch nicht eintreten werden.
Ablenkungen am Steuer gibt es dabei zahlreiche. Besonders in den letzten Jahren hat sich vor allem das Mobiltelefon als große Gefahrenquelle zu erkennen gegeben. Seit der Punktereform im Mai 2014 ist der Verstoß, beim Fahren das Handy in der Hand zu halten, daher auch strenger bewertet und zieht ein Bußgeld und einen Punkteeintrag im Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) nach sich.
In der Regel genügt schon ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit und der Fahrer eines Wagens übersieht die Bremsleuchten des Vordermannes oder aber einen Fahrradfahrer. Doch nicht nur das Handy kann die Sorgfalt des Fahrers beeinträchtigen. Auch andere Tätigkeiten wie Rauchen, Essen und das Einstellen des Navigationssystems können den Fahrzeugführer ablenken und einen Unfall provozieren.
Nicht nur die Ablenkung kann im Straßenverkehr jedoch den Tatbestand der Fahrlässigkeit bestimmen. Auch Fahren unter Alkoholeinfluss oder willkürliche und nicht der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung entsprechende Umbauten an Fahrzeugen können Fahrlässigkeit begründen – hier zum Teil gar das grob fahrlässige Handeln.
Neben der einfachen Fahrlässigkeit kennt die Rechtssprache auch noch den Tatbestand der groben Fahrlässigkeit. Dieser ist jedoch per Gesetz nicht exakt definiert. Es wird gemeinhin angenommen, dass grob fahrlässiges Handeln vor allem dann vorliegt, wenn eine Person die Sorgfalt in besonders schwerem Umfang außer Acht ließ. Anzunehmen sind hier nach einem Unfall mit Personenschaden zum Beispiel im Straßenverkehr das Telefonieren am Steuer mit dem Handy in der Hand und schwere Verstöße gegen die Promilleobergrenze als Teilursachen.
Fahrlässigkeit ist gemeinhin besonders häufig im Straßenverkehrsrecht anzunehmen. Doch auch in anderen Lebensbereich kann fahrlässiges Handeln vorliegen, dies zum Beispiel im Falle eines Operationsfehlers, den ein Arzt verursachte, weil er unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder Alkohol stand oder aber vollkommen übermüdet und überarbeitet war.
In der Regel ist fahrlässiges Handeln per Gesetz nicht strafbar, da die Absichtsvermutung entfällt:
“Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.” (§ 15 StGB)
Die Ausnahmebestimmung im zweiten Teilsatz des zitierten Paragraphen ist für die fahrlässige Körperverletzung von Bedeutung. Denn abweichend von anderen ungewollten Taten ist hier trotz des fehlenden Vorsatzes eine Ahndnung vorgesehen. Das Strafmaß bei einer fahrlässigen Körperverletzung kann eine Geldstrafe sein und bis zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren reichen (§ 229 StGB) – je nach Schwere des Tatbestands und dem Grad der Fahrlässigkeit.
Bei der fahrlässigen handelt es sich ebenso wie bei der einfachen Körperverletzung um ein sogenanntes Antragsdelikt. Das bedeutet, dass dieses Vergehen in aller Regel erst bei Anzeige wegen Körperverletzung bzw. bei Antrag auf Strafverfolgung auch tatsächlich durch die Behörden verfolgt und geahndet werden kann.
Erfolgt ein entsprechender Antrag nicht, ist die Ahndung erschwert. Nur bei besonderem öffentlichen Interesse können diese Formen auch ohne Antrag des Opfers durch die Strafverfolgungsbehörden selbst angezeigt werden.
Neben der fahrlässigen Körperverletzung ist bei den folgenden Graduierungen des Tatbestands häufig ein Vorsatz des Täters anzunehmen, eine andere Person verletzen und deren körperliche Unversehrtheit beschädigen zu wollen.
Vorsätzliches Handeln ist dann gegeben, wenn die Person, die einer anderen Schaden zufügt, dies auch beabsichtigte. Aus dem Gedanken des Vorsatzes heraus ist damit auch zu erklären, weshalb allein der Versuch der Körperverletzung strafbar ist: Wenn eine Person eine andere verletzen will, ohne diese Tat am Ende auszuführen, ist der Vorsatz ausschlaggebend für das Strafmaß. Dabei ist jede Form der Körperverletzung auch bei ursächlicher Fahrlässigkeit zu ahnden.
Die (vorsätzliche) schwere Körperverletzung (§ 226 StGB)
Es handelt sich hierbei um eine Form der Schädigung von Personen, die nachträglich schwere und mitunter dauerhaft anhaltende Folgeschäden nach sich zieht. In § 226 StGB findet sich eine Auflistung zu den möglichen Verletzungen, die den Tatbestand der schweren Körperverletzung erfüllen. Hierzu zählen:
- Verlust des Sehvermögens auf einem oder beiden Augen
- Verlust des Gehörs auf einem oder beiden Ohren
- Verlust des Sprechvermögens
- Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit
- Verlust eines Körperteils bzw. dessen Funktionsfähigkeit
- dauerhafte Entstellungen
- dauerhafte Lähmungserscheinungen
- dauerhafte geistige Beeinträchtigung
- dauerhafte komatöse Zustände (z. B. Wachkoma)
- andere körperliche Beeinträchtigungen, die das Opfer zu einem Pflegefall werden lassen
Die Verletzungen der Opfer sind im Falle der schweren Körperverletzung also von Dauer. Sie müssen dabei jedoch nicht bis an das Lebensende der Personen anhalten. In einigen Fällen können die Schädigungen abklingen oder operativ behoben werden. Die Reversibilität der Verletzungen kann Auswirkungen auf das Strafmaß haben.
Das Strafmaß für eine schwere Körperverletzung liegt bei Freiheitsstrafen zwischen einem und bis zu zehn Jahren. Eine Geldstrafe ist in diesem Falle nicht mehr anzusetzen. Hat der Täter mit Vorsatz gehandelt und die dauerhafte Verletzung seines Opfers willentlich in Kauf genommen, so liegt die Mindeststrafe bei drei Jahren Haft.
Ausnahmen können nur dann gegeben sein, wenn es sich nach Bewertung von Gericht und Staatsanwaltschaft um einen minderschweren Fall handelt. In diesem Moment entfällt das Mindeststrafmaß und die gesetzliche Spanne von einem bis zehn Jahren kommt zum Tragen.
Hat der Täter die dauerhafte Schädigung seines Opfers nicht beabsichtigt, als er die Körperverletzung beging, so liegt das Strafmaß in einem minderschweren Fall bei einem halben Jahr bis zu fünf Jahren.
Die (vorsätzliche) gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB)
Neben der schweren gibt es auch noch die gefährliche Körperverletzung. Die Schädigung einer anderen Person gilt dann als gefährliche Körperverletzung, wenn einer der folgenden Faktoren im Einzelfall zutrifft (§ 224 Absatz 1 StGB):
- Beibringung von Giften und anderen Schadstoffen
- Benutzung einer Waffe und anderer gefährlicher Werkzeuge
- Hinterlist bei einem Überfall
- gemeinschaftliche Tat
- lebensbedrohliche Handlungen
Anders als bei den bisher benannten Graduierungen der Körperverletzung ist ein minderschwerer Fall hier nicht anzunehmen. Daher ist nur ein Strafmaß für den Tatbestand benannt, das bei einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren liegt. Sogar der reine Versuch kann entsprechend geahndet werden.
Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)
Der schwerwiegendste Tatbestand im Hinblick auf die Körperverletzung ist ein entsprechendes Delikt mit Todesfolge. Zur Verdeutlichung muss hier jedoch eine exakte Abgrenzung von den Delikten Mord und Totschlag erfolgen.
Die beiden letztgenannten Tatbestände sind laut Recht nur dann gegeben, wenn der Täter einen Tötungsvorsatz hatte. Das Opfer sollte damit, anders als beim Vergehen der Körperverletzung, nicht nur verletzt werden, sondern der Täter hat billigend und absichtlich den Tod seines Opfers in Kauf genommen bzw. angestrebt.
Mord und Totschlag sind dabei ebenfalls voneinander getrennt zu betrachten. Zwar steht im Vordergrund in beiden Fällen die Tötungsabsicht, doch müssen für eine Verurteilung wegen Mordes besondere Mordmerkmale bei der Tat erkennbar sein. Die gesetzlich festgelegten Mordmerkmale sind in § 211 Absatz 2 StGB dargelegt:
“Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.”
Ist bei einem vorsätzlichen Tötungsdelikt keines der benannten Mordmerkmale nachweisbar, ist nur die Verurteilung wegen Totschlags möglich. Bei nachgewiesenem Mord kommt nur eine lebenslange Freiheitsstrafe in Betracht. Bei Totschlag hingegen ist eine lebenslange Haftstrafe in besonders schweren Fällen möglich, in der Regel gilt jedoch die Mindeststrafe von fünf Jahren Haft.
In der Abstufung steht die Körperverletzung mit Todesfolge damit an dritter Position auf ihre Qualität bezogen, da der Tod des Opfers nicht beabsichtigt und vom Täter nicht willentlich in Kauf genommen wurde:
- Mord als schwerwiegendste Straftat
- Totschlag
- Körperverletzung mit Todesfolge
Paragraph 227 StGB bestimmt als Strafmaß jedoch lediglich eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren, wenn das Opfer aufgrund der Schädigungen, die der Täter ihm zufügte, verstirbt. Ein Höchstmaß von zehn Jahren Haft ist nur in einem minderschweren Fall gesetzt. In schwereren Fällen können die Gerichte auch wesentlich höhere Haftstrafen aussprechen, die an die des Totschlags hinanreichen können.
Grafische Übersicht über die Grundformen der Körperverletzung
Im Folgenden finden Sie eine grafische Übersicht über die grundlegenden Formen der Körperverletzung und deren Zusammenhang untereinander. Fahrlässige und vorsätzliche Formen stehen sich dabei grundsätzlich gegenüber, als Fahrlässigkeit und Vorsatz einander ausschließen.
Besondere Formen der Körperverletzung
Nachdem nun die grundlegenden Grade der Körperverletzung abgehandelt sind, wendet sich der Blick hin auf spezielle Formen der Körperverletzung, wie sie in Abschnitt 17 des Strafgesetzbuches thematisiert werden. Es handelt sich hierbei um spezielle Ausgestaltungen und Lebensbereiche, in denen eine Form der Gewaltanwendung erkennbar ist und gesondert geahndet werden muss.
Sonderfall: Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB)
Im ersten Moment denken die meisten Leser an diesem Punkt zuvorderst an die Misshandlung von Kindern. Doch nicht nur Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren können als Schutzbefohlene bestimmt werden. Auch Erwachsene, die aufgrund einer Krankheit oder eines Gebrechens nicht mehr in der Lage sind, selbst für sich zu sorgen, können als Schutzbefohlene definiert sein. Absatz 1 des § 225 StGB definiert Schutzbefohlene wie folgt:
“[…] eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die
1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
2. seinem Hausstand angehört,
3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
4. ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist […].”
Diese Bestimmung betrifft so zum Beispiel auch Betreuer und Krankenschwestern von Heimbewohnern in Altersheimen, Krankenhäusern und anderen Pflegeeinrichtungen. Die Patienten und Bewohner sind dem Personal in Obhut gegeben worden. Im Falle einer gesundheitsschädigenden Handlung durch das Pflegepersonal, kann dies als besondere Form der Körperverletzung verstanden werden. Die Schwere der Tat ergibt sich insbesondere daraus, dass die zur Versorgung anvertrauten Personen oft hilf- und wehrlos sind.
Wer ein Kind oder eine andere ihm in Obhut gegebene Person schädigt, muss mit einer Strafverfolgung wegen Körperverletzung rechnen. Die Strafe für den Missbrauch von Schutzbefohlenen liegt bei einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Auch für den Versuch können die Täter bestraft werden. In minderschweren Fällen kann das Strafmaß auf Haftstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren herabgesetzt werden.
Im Falle einer bestehenden Lebensgefahr durch die strafbare Handlung oder einer schweren körperlichen bzw. seelischen Entwicklungsschädigung liegt die Mindesthaftstrafe bei einem Jahr (§ 225 Absatz 3 StGB). Bei entsprechender Körperverletzung in einem minderschweren Fall liegt das Strafmaß bei sechs Monaten bis zu fünf Jahren Haft.
Sonderfall: Verstümmelung weiblicher Genitalien (§ 226a StGB)
Als Sonderform der Körperverletzung gilt die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen. Seit Juli 2013 ist dieser Tatbestand gesetzlich unter Strafe gestellt. Ausschlaggebend war hierbei die hohe Anzahl von jungen Mädchen und Frauen, die aus afrikanischen Ländern stammten, in denen die “Beschneidung” der weiblichen Geschlechtsmerkmale traditionell und kulturell verankert war. Für diese Frauen bedeutet die Genitalverstümmelung eine lebenslange Tortur. In einigen Familien, die bereits vor Jahrzehnten in die BRD emigrierten, ist die brutale Tradition noch immer aktuell und wird von Generation zu Generation weitergegeben.
Eine Verbreitung über den afrikanischen Kontinent hinaus ist nur im Jemen nachweislich belegbar. Vermutungen über entsprechende Praktiken in Syrien, im Iran und anderen asiatischen Ländern lassen sich nicht eindeutig verifizieren und bleiben daher meist spekulativ.
Der nachträglich ins Strafgesetzbuch eingefügte Paragraph hat vor allem auch einen stark symbolischen Charakter. Durch die gesetzliche Anerkennung ist den Opfern dieser oft innerhalb der Familien kulturell begründeten grausamen Tradition zur Seite zu stehen und eindeutig klarzustellen, dass der deutsche Rechtsstaat auch kulturell begründete Verstümmelung als Körperverletzung anerkennt und eine Ahndung vorsieht, wenn auf dem Boden der Bundesrepublik derartige Gewalt an jungen Frauen und Mädchen verübt wird. Nur weil etwas als Kulturgut bezeichnet wird, darf es nicht qualvolle und lebenslange Spätfolgen nach sich ziehen.
Die Strafe für diese Sonderform der Körperverletzung liegt nicht unter einem Jahr Haft (§ 226a Absatz 1 StGB). Eine Obergrenze ist nicht benannt, da aufgrund der lebenslangen Folgen der Genitalverstümmelung die Handlung als besonders schwere Körperverletzung gelten kann. In minderschweren Fällen kann das Strafmaß zwischen sechs Monaten und fünf Jahren liegen.
Sonderfall: Körperverletzung bei der Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 StGB)
Von Zeit zu Zeit können auch größere Rangeleien und Schlägereien schwere Folgen haben. Kommt bei einer Schlägerei ein Opfer oder Beteiligter zu Tode bzw. liegt eine schwere Körperverletzung vor, so können laut § 231 alle an der Schlägerei beteiligten Personen strafrechtlich dafür belangt werden. Das Strafmaß kann in einem solchen Fall von einer Geldstrafe bis hin zu einer dreijährigen Haftstrafe reichen – für alle Beteiligten.
Als Schlägerei gelten dabei in der Regel alljene körperlichen Auseinandersetzungen, an denen mindestens drei Personen beteiligt sind, bei denen alle zugleich Täter und auch Opfer sein können. Auszugehen ist also von gegenseitiger Körperverletzung. Doch wer ist Beteiligter an einer Schlägerei? Sind nur diejenigen zu bestrafen, die tatsächlich auch körperlich agieren?
Gemeinhin können sämtliche Personen als Beteiligte einer Schlägerei aufgefasst werden, die tatsächlich auch körperlich in die Auseinandersetzung involviert sind, also selbst Schläge austeilen und einstecken. Allerdings kann auch die psychische Mitwirkung an einer körperlichen Auseinandersetzung als Beteiligung anerkannt werden. Gemeint ist in diesem Zusammenhang vor allem das Anfeuern eines der Schläger und das Aufheizen der gesamten Situation.
Damit kann auch derjenige bestraft werden, der zwar selbst physisch gesehen keine Körperverletzung begeht, den Täter jedoch in seinem Handeln befeuert und gegebenenfalls sogar weiter anstiftet. Bei Anstiftung zu einer Straftat ist ebenfalls auf Vorsatz zu erkennen.
Sonderfall: Körperverletzung bei Einwilligung der geschädigten Person (§ 228 StGB)
Dieser Punkt ist besonders dann von Bedeutung, wenn Fälle zu Kunst- und Ärztefehlern zu verhandeln sind. Vor jeder OP muss der Patient eine Einwilligung unterzeichnen, in der er bestätigt, dass er auf die möglichen Risiken der Operation hingewiesen wurde und die Ärzte von einer möglichen Haftung befreit.
Bei einer Operation handelt es sich gewissermaßen per Definition immer um eine Form der Körperverletzung. Um diese jedoch zu legitimieren und eine mitunter lebensrettende Operation zu ermöglichen, muss der Patient diesem Vorgang eindeutig zustimmen. Fehlt die Einwilligung in einem solchen Fall, darf der Arzt in der Regel nicht operieren – ausgenommen sind hier nur schwere Notfälle, bei denen die Patienten selbst nicht mehr ansprechbar und enge Verwandte nicht erreichbar sind. Nur bevollmächtigte Personen, wie z. B. Ehehgatten, Eltern und Geschwister, können gegebenenfalls die Vollmacht stellvertretend für den Patienten unterzeichnen.
“Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.” (§ 228 StGB)
Die guten Sitten werden bei gängigen Operationen nicht verletzt. Doch kann auch bei einer erfolgten Einwilligung dann eine Körperverletzung angeklagt werden, wenn der Arzt schuldhaft einen Fehler bei der OP beging, der das Opfer über Gebühr schädigte. Je nach Grad der Folgeschäden können hier die unterschiedlichen Qualitäten einer Körperverletzung Anwendung finden (einfache, schwere, gefährliche oder Körperverletzung mit Todesfolge).
Ähnliche Formen der Einwilligung gibt es im Übrigen auch bei kosmetischen Vorgängen wie dem Ohrlochstechen, Piercen und Tätowieren.
Hat die Person der Körperverletzung per se zugestimmt und dies auch glaubhaft gemacht (etwa durch eine schriftliche Einwilligung), so ist die Körperverletzung in diesem Falle in der Regel nicht strafbar. Doch von Zeit zu Zeit kann selbst bei erfolgter Einwilligung eine Strafe drohen; nämlich genau, wenn “die guten Sitten” verletzt werden. Es handelt sich hierbei um einen Rechtsbegriff.
Bereits im Jahre 1901 zog das Reichsgericht in Leipzig als Definition für “die guten Sitten” das “Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden” heran. Zugrundegelegt sind hier also die moralischen und ethischen Grundlagen einer Kulturgemeinschaft und staatlich fest definierten Gesellschaft, in diesem Fall der Menschen in Deutschland.
Verstößt eine Körperverletzung also gegen die moralischen Grundsätze – und damit gegen die Rechts- und Sozialmoral – die in der BRD bis heute weithin akzeptiert sind, kann eine Körperverletzung trotz jedweder Einwilligung geahndet werden.
Sonderfall: Die Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB)
Im 30. Abschnitt des Strafgesetzbuches finden sich Straftatbestände, die vor allem Handlungen im Amt bzw. während der Dienstzeit etwa von Polizeibeamten betreffen. Auch diese können geahndet werden:
“Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.”
Strafverfolgung: Zur Unterscheidung der objektiven und subjektiven Tatseite
Die Begriffe der objektiven und subjektiven Tatseite beziehen sich in der Regel auf die Aufklärung eines entsprechenden Vergehens. Diese folgt dem Drei-Stufen-Modell des Verbrechensaufbaus:
- Tatbestandsmäßigkeit
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
Beide benannten Rechtsbegriffe beziehen sich auf die Tatbestandsmäßigkeit im Rahmen vorsätzlicher Handlungen.
Bei der objektiven Tatseite geht es zuvorderst darum, das Vorhandensein der bestimmenden Tatmerkmale objektiv aufzufinden. Unbeachtet bleibt dabei zu allererst das tatsächliche Vergehen in all seinen Einzelheiten. Allgemein und objektiv muss zunächst erkannt werden, welche Voraussetzungen bei einem Strafdelikt vorliegen und vorliegen müssen, um den Tatbestand etwa der schweren oder gefährlichen Körperverletzung zuzuordnen.
Beim objektiven Tatbestand können die gesetzlich festgeschriebenen Definitionen zugrundegelegt werden, wie sie bereits im vorangegangenen Abschnitt zu finden waren.
Ist der objektive Tatbestand ermittelt, muss sodann die subjektive Tatseite Beachtung finden: Hat der Täter in diesem besonderen Fall die objektiven Tatbestandsmerkmale mit Vorsatz begangen? Bei der subjektiven – oder auch inneren – Tatseite handelt es sich somit um die Feststellung, inwiefern Vorsätzlichkeit vorliegt.
Besonders bei der Körperverletzung genügt in aller Regel auch der sogenannte Eventualvorsatz (dolus eventualis) – auch bedingter Vorsatz. Da in der Regel nur vorsätzliche Taten strafrechtlich geahndet werden können – die Ausnahme bilden hier etwa fahrlässige Körperverletzung oder Tötung – muss dieser auch bei entsprechenden Delikten dem Täter nachgewiesen werden können.
Um im weiteren Verfahren die Strafverfolgung zu ermöglichen, müssen objektive und subjektive Tatseite weitestgehend deckungsgleich sein. Dies bestimmt jedoch noch nicht, dass die Tat auch strafrechtlich verfolgt werden kann. Hierzu bedarf es weiterhin der Beantwortung der Fragen hinsichtlich Rechtswidrigkeit und Schuld.
Die Rechtwidrigkeit eines Tatbestands
Sind objektive und subjektive Tatseite analysiert, kann die Rechtswidrigkeit des Vergehens betrachtet werden. Eine Rechtswidrigkeit kann dann ausgeschlossen sein, wenn etwa bestimmte Rechtfertigungsgründe der Tat zugrundeliegen. Hierzu zählen etwa
- Notwehr
- Selbsthilfe
- Notstand
- Einwilligung des Opfers
- politischer Widerstand
- u.v.m.
Kann der Verdächtige die Tat plausibel begründen, ist das Verfahren an diesem Punkt abzuschließen. In der Regel kann dann keine strafrechtliche Ahndung erfolgen.
Zur Schuldfähigkeit
Liegen keine Rechtfertigungsgründe vor, muss abschließend die Frage der Schuld beantwortet werden. Zu unterscheiden sind hier:
- Schuldfähigkeit
- Schuldunfähigkeit
- verminderte Schuldfähigkeit
Schuldunfähigkeit ist anzunehmen, wenn der Täter etwa das 14. Lebensjahr noch nicht abgeschlossen (§ 19 StGB) hat. Auch bei einer vorliegenden schweren geistigen oder psychischen Störung kann die Schuldfähigkeit ausgesetzt sein (§ 20 StGB) . In diesem Falle ist die Strafverfolgung zumeist nicht anzustreben. Sind die Täter noch nicht volljährig jedoch älter als 14 Jahre, kommt in der Regel das Jugendstrafrecht auch bei Körperverletzung zur Anwendung.
Verminderte Schuld (§ 21 StGB) kann dann vorliegen, wenn der Täter zum Tatzeitpunkt zum Beispiel unter dem Einfluss berauschender Mittel wie Alkohol oder anderen Drogen gestanden hat, die vielleicht die Wahrnehmung und Einschätzung der Situation minderten. Die Straftat wird in diesem Falle zwar geahndet, das Strafmaß jedoch unter den entsprechenden Gesichtspunkten angepasst.
Neben der gerichtlichen Strafe für eine Körperverletzung können auch noch zivilrechtliche Ansprüche gegen den Täter geltend gemacht werden. Das Opfer hat dabei die Möglichkeit, Schmerzensgeld zu verlangen. Hierfür muss die Strafanzeige wegen Körperverletzung jedoch nicht zwingend erfolgreich geahndet worden sein, um die Ansprüche zu begründen. In einem Adhäsionsverfahren können beide rechtlichen Seiten zugleich verhandelt werden. Aber auch die getrennte Verhandlung ist möglich. Neben Haft- oder Geldstrafe kann die Körperverletzung also für den Schuldigen auch mit weiteren hohen Kosten verbunden sein.