Schwarzfahren, heimlich verbotene Graffitis sprühen, im Supermarkt die Coladose mitgehen lassen – junge Menschen überschreiten während des Übergangs ins Erwachsenenalter auch mal die Grenzen des Erlaubten. In der Regel handelt es sich um eine harmlose, vorübergehende Phase des jugendlichen Leichtsinns und der sozialen Unreife, die fast jeder junge Mensch durchläuft. Sprich: Weil es sich hierbei um ein entwicklungstypisches Verhalten handelt, steht im Jugendstrafrecht auch der Erziehungsgedanke und nicht die Bestrafung im Vordergrund.
Wenn ein Minderjähriger wegen einer Straftat angezeigt wird, muss es nicht unbedingt zu einem Strafverfahren vor dem Jugendgericht kommen. Stattdessen können der Jugendrichter und die Staatsanwaltschaft das formelle Strafverfahren im Wege der Diversion umgehen.
FAQ: Diversionsverfahren
Eine Diversion kann zur Einstellung eines Jugendstrafverfahrens führen. Hier lesen Sie, unter welchen Voraussetzungen das möglich ist.
Nach Ablauf der Ermittlungen entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt oder ein Diversionsverfahren anstrengt. Bei letzterem kann Sie dann Erziehungsmaßnahmen, wie einen Täter-Opfer-Ausgleich, gegen den Jugendlichen aussprechen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Diversionsverfahren?
Jugendstrafverfahren dauern mitunter sehr lang, oft zu lang. Für die Jugendlichen bzw. heranwachsenden Straftäter ist das begangene Unrecht oft in weite Ferne gerückt, sodass sie den Bezug zwischen ihrer Tat und der darauffolgenden strafrechtlichen Reaktion verlieren. Vor allem bei Ersttätern besteht außerdem die Gefahr, dass diese jungen Menschen stigmatisiert werden, obwohl es sich eben nur um entwicklungstypische Entgleisungen handelt.
An dieser Stelle kommt die Diversion ins Spiel. Unter bestimmten Voraussetzungen, die in §§ 45, 47 Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt sind, kann das Strafverfahren frühzeitig eingestellt werden. Dann kann der Staatsanwalt auf eine Klageerhebung verzichten oder der Richter stellt das Verfahren trotz eingereichter Klage ein.
Das Diversionsverfahren bietet sich vor allem an, wenn …
- der Jugendliche das erste Mal straffällig geworden ist,
- seine Schuld als gering eingeschätzt wird oder
- er seine Schuld eingesteht oder wenn er einem anderweitigen Beweis für seine Tat und Schuld nicht widerspricht.
Die Diversion ist strafrechtlich relevanten Verfehlungen vorbehalten, die als jugendtypisches, das heißt leichtsinniges, unbekümmertes und planlos situationsbedingtes Fehlverhalten einzustufen sind. Hierunter können z. B. folgende Straftaten fallen:
- Diebstahl und Unterschlagung von geringwertigen Sachen bzw. einem Sachwert unter 25 Euro
- Fahrerflucht bei einem geringwertigen Schaden oder wenn der Beschuldigte wesentlich zur Unfallaufklärung beigetragen hat
- Hausfriedensbruch
- Sachbeschädigung
- Fahrlässige Körperverletzung und leichte Fälle der vorsätzlichen Körperverletzung
Ablauf der Diversion im Strafrecht
Das Verfahren läuft folgendermaßen ab: Zuerst ermittelt die Polizei den Sachverhalt und die Hintergründe der Tat. Hierfür vernimmt sie auch den Jugendlichen. Außerdem informiert sie das zuständige Jugendamt. Ein Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe spricht ebenfalls mit dem jungen Straftäter und dessen Erziehungsberechtigten und informiert den Staatsanwalt über seinen Eindruck und schlägt diesem bestimmte Maßnahmen vor.
Die Polizei gibt die Akte nach Abschluss ihrer Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft ab. Diese entscheidet nun darüber, ob sie Anklage erhebt oder nicht. Sie prüft aber auch, ob das Verfahren auf andere Weise beendet werden kann, z. B. – wie oben erwähnt – nach § 45 JGG.
Anschließend erteilt der Staatsanwalt dem Jugendlichen bestimmte Weisungen oder Auflagen. Werden diese innerhalb der geforderten Frist erfüllt, stellt er das Verfahren im Rahmen der Diversion ein. Kommt der Straftäter den Anweisungen nicht nach, erhebt die Staatsanwaltschaft doch noch Klage.
Bei der Diversion kommen insbesondere folgende Erziehungsmaßnahmen in Betracht:
- gemeinnützige Arbeitsstunden
- sozialer Trainingskurs
- Täter-Opfer-Ausgleich, z. B. indem sich der Täter beim Opfer persönlich entschuldigt oder diesem während der Genesung nach der Körperverletzung hilft (z. B. einkaufen gehen)
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