Um Fälle der leichten Kriminalität und Bagatelldelikte besser zu bewältigen, hat der Gesetzgeber ein vereinfachtes Verfahren eingeführt – das Strafbefehlsverfahren.
Es ermöglicht eine rechtskräftige Verurteilung des Straftäters ohne mündliche Verhandlung – vorausgesetzt, der Angeschuldigte legt keinen Einspruch gegen den Strafbefehl ein.
Über dieses Rechtsmittel klären wir Sie im nachfolgenden Ratgeber auf und informieren Sie umfassend zu allen wichtigen Aspekten.
FAQ: Einspruch gegen einen Strafbefehl
Lassen Sie den Einspruch von einem Anwalt formulieren. Er kann sicher beurteilen, ob sich das überhaupt lohnt, und entscheiden, ob der gesamte Strafbefehl angegriffen werden soll oder nur die darin verhängten Strafen.
Nein, der Angeschuldigte kann auch ohne Begründung Einspruch einlegen. Empfehlenswert ist das allerdings nicht unbedingt.
Ja, das ist bis zur Gerichtsverhandlung jederzeit möglich. Sobald die Verhandlung jedoch begonnen hat, bedarf die Rücknahme der Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
Inhaltsverzeichnis
Wann ist ein Strafbefehlsverfahren möglich und wie funktioniert es?
Im normalen Strafverfahren prüft das Strafgericht während der Hauptverhandlung, ob der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Tat tatsächlich begangen hat und erlässt daraufhin sein Urteil.
Bei kleineren Delikten wie leichter Körperverletzung, Diebstahl oder ähnlichem kann die Staatsanwaltschaft stattdessen den Erlass eines Strafbefehls beantragen. Wenn das Gericht keine Bedenken hat und den Angeschuldigten für hinreichend tatverdächtig hält, erlässt es den beantragten Strafbefehl ohne Hauptverhandlung und stellt ihn dem Angeschuldigten zu. Erhebt der Betroffene keinen Einspruch gegen den Strafbefehl, so wird dieser rechtskräftig und wirkt wie ein Urteil.
Das Gericht darf nur bestimmte Strafen per Strafbefehl anordnen, unter anderem
- Geldstrafe
- Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis mit einer Sperre von maximal zwei Jahren
- Absehen von einer Strafe
- Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr als Bewährungsstrafe, wenn der Angeschuldigte einen Verteidiger hat
Der Strafbefehl ist nur eine vorübergehende Entscheidung, weil der Angeschuldigte die mündliche Hauptverhandlung mit seinem fristgerechten Einspruch gegen den Strafbefehl erzwingen kann.
Lohnt sich ein Einspruch gegen den Strafbefehl?
Im Strafbefehlsverfahren entscheidet das Strafgericht nach Aktenlage, ohne dass es zuvor zu einer Beweisaufnahme kommt. Für einen Strafbefehl genügt der hinreichende Tatverdacht.
Weil die Hauptverhandlung entfällt, hat der Angeschuldigte kaum Gelegenheit, entlastende Umstände vorzutragen oder seine Einkommensverhältnisse darzulegen, die für die Festsetzung der Tagessätze (Geldstrafe) von Bedeutung sind.
All diese Dinge kann der Angeschuldigte nachholen, indem er innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt und so die mündliche Hauptverhandlung erzwingt, an deren Ende das Strafgericht sein Urteil fällt.
Macht der Angeschuldigte mutwillig oder unüberlegt von diesem Rechtsmittel Gebrauch, so läuft er Gefahr, dass das Gericht ihn zu einer höheren oder anderen Strafe verurteilt. Denn es ist nicht an die Strafe aus dem Strafbefehl gebunden. Deswegen kann das Urteil von den Betroffenen günstiger, aber auch schlechter ausfallen.
Vor dem Einspruch gegen den Strafbefehl Erfolgsaussichten abklären lassen
Weil der Einspruch immer ein gewisses Risiko birgt, sollte der Angeschuldigte vorher von einem Rechtsanwalt abklären lassen, ob und inwieweit sich dies wirklich lohnt – auch dann, wenn der Betroffene das Gefühl hat, ungerecht behandelt worden zu sein.
Ein Anwalt kann Akteneinsicht beantragen und anhand der Aktenlage genau beurteilen, ob ein Einspruch gegen den Strafbefehl überhaupt sinnvoll ist und wenn ja, in welchem Umfang. Je nach Einzelfall wird er zwischen drei Optionen wählen:
- Einspruch gegen den gesamten Strafbefehl
- Einspruch gegen den Strafbefehl mit Beschränkung auf die Rechtsfolgen, z. B. auf die Anzahl die Tagessätze
- beschränkter Einspruch gegen den Strafbefehl bezüglich der Tagessatzhöhe als Geldstrafe und deren Bemessung
Schon bei der Wahl zwischen diesen drei Möglichkeiten stellt der Strafverteidiger die entscheidende Weiche.
So bedarf ein beschränkter Einspruch gegen den Strafbefehl einer anderen Begründung als ein umfänglicher Einspruch.
Sie möchten Einspruch erheben gegen den Strafbefehl? Bitte bedenken Sie Folgendes:
- In der mündlichen Verhandlung kann der Angeklagte entlastende Tatsachen vortragen, einen falschen Tatvorwurf richtig stellen und so ganz offiziell rehabilitiert werden.
- Viele Angeklagte empfinden die Hauptverhandlung als sehr belastend – psychisch, finanziell und zeitlich.
- Die Hauptverhandlung nach dem Einspruch gegen den Strafbefehl ist öffentlich – jeder Bürger kann der Verhandlung beiwohnen.
Kosten im Strafbefehlsverfahren
Der Einspruch gegen den Strafbefehl verdoppelt die Kosten im Vergleich zur Annahme des Einspruchs.
Lautet der Strafbefehl auf bis zu 180 Tagessätze oder maximal sechs Monate Freiheitsstrafe, so liegen die Gerichtskosten bei 70 Euro, wenn der Angeschuldigte den Strafbefehl akzeptiert. Legt er hingegen Einspruch ein, so erhöhen sich die Kosten auf 140 Euro.
Bei höheren Strafen werden 140 Euro fällig, sofern der Angeschuldigte den Strafbefehl annimmt. Bei einem Einspruch gegen den Strafbefehl liegen die Gebühren bei 280 Euro.
Wenn der Angeschuldigte einen Strafverteidiger einschaltet, so kann dieser eine entsprechende Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend machen. Die Höhe hängt dabei von den jeweiligen Leistungen und dem Streitwert ab, also von der zu erwartenden Strafe.
Spricht das Gericht den Angeklagten frei, muss dieser keine Gerichts- und Anwaltskosten bezahlen. Für beides kommt dann die Staatskasse auf.
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