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fahrlässige Körperverletzung | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre |
Eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 Strafgesetzbuch (StGB) stellt einen Sonderfall dar. Anders als bei den anderen Arten der Körperverletzung ist hierbei ein Vorsatz nicht anzuerkennen.
Der Täter verletzt dabei eine andere Person unwillentlich und/oder unwissentlich. Besonders häufig kommt die fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr zustande, etwa wenn Fahrzeugführer Passanten und Radfahrer übersehen oder aufgrund einer Trunkenheitsfahrt einen Unfall verursachen.
Durch die strafrechtlichen Bestimmungen im Strafgesetzbuch ist eine Körperverletzung aber auch dann unter Strafe gestellt, wenn diese nicht absichtlich durch den Täter herbeigeführt wurde.
Doch wie ist Fahrlässigkeit genau definiert? Welches Strafmaß sieht das Strafrecht nach § 229 StGB vor? Dies und mehr erfahren Sie im folgenden Ratgeber.
FAQ: Fahrlässige Körperverletzung
Eine Körperverletzung durch Fahrlässigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass der Täter unwissentlich und unwillentlich handelt. Der Schaden ist somit entstanden, weil der Verursacher seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist. Entsprechende Taten sind daher von der vorsätzlichen Körperverletzungen zu unterscheiden.
Für eine fahrlässige Körperverletzung droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.
Die Zahlung des Schmerzensgeldes übernimmt in der Regel die Versicherung des Verursachers.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet fahrlässige Körperverletzung? Definition der Fahrlässigkeit
Entgegen dem Vorsatz , bei dem das Wissen und Wollen des Täters hinsichtlich der begangenen Tat grundlegend anzunehmen ist, können bei Fahrlässigkeit beide Elemente oder zumindest eines davon fehlen.
Bei vorliegender Fahrlässigkeit ist also davon auszugehen, dass der Beschuldigte nicht wusste, dass seine Handlung einen anderen Menschen verletzen könnte und dies auch nicht wollte – er handelte also unwissentlich und unwillentlich. Per gesetzlicher Definition lässt der Handelnde dabei die notwendige Sorgfaltspflicht außer Acht.
Allerdings gibt es hinsichtlich der Fahrlässigkeit im Zivilrecht eine weitere Unterscheidung zwischen grober und einfacher Fahrlässigkeit. Die einfache Fahrlässigkeit ist durch die Abwesenheit von Wissen und Wollen geprägt. Im Falle einer grob fahrlässigen Handlung jedoch kann ein bedingtes Wissen des Täters um die möglichen Konsequenzen vorhanden sein.
Grob fahrlässig handelt zum Beispiel ein Autofahrer, der sich stark alkoholisiert hinter das Steuer seines Wagens setzt. Ihm ist in der Regel zwar bewusst, dass er durch die verminderte Fahrtüchtigkeit einen Unfall provozieren und dabei Menschen verletzen könnte. Er geht allerdings davon aus, dass der schlimmste Fall schon nicht eintreffen werde.
Ähnlich verhält es sich zum Beispiel beim Überfahren einer roten Ampel.
Andere Beispiele für fahrlässige Körperverletzung finden Sie im Folgenden:
- Straßenverkehrsverstöße mit anschließendem Unfall wie etwa Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abstandsvergehen, Rotlichtverstöße usf.
- nicht ausreichend sichere Verwahrung vor unbefugtem Zugriff von Waffen, Arzneimitteln, Feuerzeugen, Giften und anderen Schadstoffen usf.
- Verstoß gegen die Sicherungspflicht wie etwa fehlende Abdeckungen über Schächten und Gullis, defekte Treppenstufen usf.
- im medizinischen Bereich etwa Behandlungsfehler oder Schädigungen durch unterlassene Behandlung, fehlerhafte oder zu geringe Besetzung des Krankenhauspersonals usf.
- Konstruktionsfehler bei Bauwerken u. v. m.
Die Unterscheidung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit ist im Strafrecht nicht fest definiert. Sie ist Bestandteil zivilrechtlicher Auseinandersetzungen. Macht ein Verkehrsunfallopfer nach dem Crash etwa für die fahrlässige Körperverletzung Schmerzensgeld vor der Zivilkammer geltend, kann der Grad der Fahrlässigkeit über die Höhe der Schmerzensgeldsumme mitentscheiden. Ein grob fahrlässiger Verstoß ist dabei zumeist strenger zu bewerten als einer, bei dem einfache Fahrlässigkeit vorliegt.
Fahrlässige Körperverletzung: Ist eine weitere Qualifikation möglich?
Ist im Strafrecht etwa auch eine fahrlässige schwere oder gefährliche Körperverletzung möglich? Nein. Bei der fahrlässigen KV ist eine weitere Qualifikation nicht möglich. Bei allen anderen Tatbeständen ist in der Regel auf Vorsatz zu erkennen. Das bedeutet, dass der Täter willentlich und wissentlich einen anderen Menschen verletzt oder verletzen will.
Stellen die Behörden und Gerichte im Rahmen der Ermittlungen bei einer Körperverletzung vorliegende Fahrlässigkeit fest, ist der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung begründet. Weitere Abstufungen sind hierbei nicht möglich.
Ist eine versuchte fahrlässige Körperverletzung möglich?
Auch das ist nicht der Fall. Wie bereits in den Ausführungen zur Fahrlässigkeit erwähnt, kann diese nicht zeitgleich mit einem Vorsatz auftreten – beide Tatmerkmale stehen sich gegenüber. Um einen Versuch jedoch überhaupt erst möglich zu machen, bedarf es eines Vorsatzes und einer angesetzten Tatausführung. Der Täter muss sich der Konsequenz seiner Handlung weitestgehend im Klaren sein und eine andere Person tatsächlich verletzen wollen. Ohne dies kann er auch keinen entsprechenden Versuch einer Körperverletzung unternehmen.
Das Antragsdelikt: Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung
Nach § 230 StGB handelt es sich bei der fahrlässigen Körperverletzung – ebenso wie bei der leichten Körperverletzung – um ein sogenanntes Antragsdelikt. Hieraus ergibt sich, dass eine strafrechtliche Verhandlung über den Fall und die anschließende Ahndung nur dann möglich sind, wenn das Opfer selbst oder ein gesetzlicher Vormund einen Strafantrag stellt. Eine fahrlässige Körperverletzung ohne erfolgte Anzeige wird von der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt.
Bei anderen schwerwiegenderen Formen der Körperverletzung ist ein Antrag durch das Opfer nicht notwendig. Hier erhebt die Staatsanwalt automatisch Anklage.
Sonderfall: Fahrlässige Körperverletzung bei Einwilligung
In § 228 StGB ist ein spezieller Fall der Körperverletzung benannte, der im Allgemeinen unter Straffreiheit steht: die Körperverletzung bei vorheriger Einwilligung. Dieser Abschnitt ist vor allem aufgrund der medizinischen Entwicklung in das Strafgesetzbuch eingegangen, denn auch jede Operation ist per Definition eine Körperverletzung – ein Eingriff in die körperliche Versehrtheit eines Menschen.
Da eine Operation jedoch mitunter mehr zur Lebensrettung und Genesung beitragen soll, ist der körperliche Eingriff in gewissem Maße notwendig. Daher ist jeder Patient vor einer OP gehalten, eine Einwilligungserklärung zu unterzeichnen. Hierbei erhält der Betroffene auch eine Einschätzung der Lage und eine Aufklärung über mögliche Risiken der Operation.
Ein Arzt kann durch die erfolgte Einverständniserklärung im Anschluss nicht mehr für etwaige Folgen der Körperverletzung in Haftung genommen werden – so etwa für Schmerzen oder bleibende Narben. Auch das Versterben eines Patienten während einer risikoreichen OP kann dem Arzt in aller Regel nicht zur Last gelegt werden.
Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn der Patient bleibende Schäden zurückbehält, die auf eine Fahrlässigkeit des Arztes während der OP zurückzuführen sind. Hat der Narkosearzt während einer Vollnarkose etwa nicht rechtzeitig bemerkt, dass der Patient nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird und erleidet dieser aufgrund des dauerhaften Sauerstoffmangels einen bleibenden Schaden, kann fahrlässige Körperverletzung vorliegen. Eine Strafe ist dann trotz erfolgter Einwilligung möglich.
Ähnliches gilt zum Beispiel auch, wenn ein Chirurg während der OP unter dem Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln steht und dadurch einen Fehler macht. Allerdings gestaltet es sich in der Regel eher schwierig, derartige Vorgänge nachzuweisen.
Fahrlässige Körperverletzung im Fall eines Hundebisses
Handelt es sich auch bei einem Hundebiss um fahrlässige Körperverletzung? Kommt ein Mensch aufgrund eines Hundes zu Schaden, können zwei Möglichkeiten geboten sein: eine fahrlässige oder eine gefährliche Körperverletzung. Letztere ist jedoch eher selten anzunehmen, als der Hundebesitzer hierbei den Vierbeiner als Waffe missbrauchen und gezielt auf einen Menschen hetzen muss.
In der Regel handelt es sich um fahrlässige Körperverletzung, wenn ein Hund einen anderen Menschen verletzt, da dies vom Besitzer zumeist nicht gezielt beabsichtigt war. Vielmehr kann der Halter sich der Fahrlässigkeit schuldig machen, wenn er den Hund etwa nicht angeleint laufen lässt oder aber keinen Maulkorb anlegt, obwohl ihm bekannt ist, dass sein Hund auch mal zuschnappt.
Kommt es dann zur Verletzung eines arglosen Passanten, muss der Hundehalter nicht nur mit zivilrechtlichen Ansprüchen wie Schmerzensgeldforderungen rechnen. Erfolgt durch das Opfer ein Strafantrag, kann die fahrlässige Körperverletzung durch den Hundebiss auch strafrechtlich Konsequenzen nach sich ziehen.
Das Strafmaß für fahrlässige Körperverletzung: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe?
Auch eine fahrlässige Körperverletzung ist unter Strafe gestellt. Der Strafrahmen bewegt sich zwischen Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren (§ 229 StGB).
Je schwerer also die Verletzung, die das Opfer aufgrund der fahrlässigen Handlung erlitt, kann sich die Strafe innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens auch am oberen Rand bewegen. Generell ist nach einem Verkehrsunfall also auch die Verhängung einer Geldstrafe möglich.
Eine Geldstrafe ist aber nicht mit einer allgemeinen Geldbuße zu verwechseln, die etwa im Rahmen einer Verkehrsordnungswidrigkeit durch die Bußgeldstellen verhängt werden kann. Es handelt sich vielmehr um eine gerichtliche Sanktion, die im Rahmen von Srafverfahren festzulegen ist.
Eine exakt festgeschriebene Höhe der Geldstrafe ist nicht gegeben. Während Bußgelder sich an den Festlegungen im Tatbestandskatalog des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg orientieren, werden die Geldstrafen je nach Einzelfall festgelegt.
Ein Tagessatz entspricht dabei einem Dreißigstel des dem Täter monatlich zur Verfügung stehenden Einkommens. Bei einem monatlichen Einkommen von 1.500 Euro liegt der Tagessatz damit bei 50 Euro. Liegt das monatliche Einkommen des Beschuldigten bei etwa 4.500 Euro, so entspricht der in seinem Fall festzusetzende Tagessatz 150 Euro.
Je nach Einzelfall kann das Gericht eine nach Einschätzung angemessene Anzahl von Tagessätzen festlegen, die der Täter zur Strafe zu zahlen hat. Maximal können bis zu 360 Tagessätze festgesetzt werden.
Wenn das Gericht zum Beispiel 80 Tagessätze festschreibt, ergibt sich aus den obigen Beispiel eine Geldstrafe von
- 80 Tagessätze á 50 Euro = 4.000 Euro
- 80 Tagessätze á 150 Euro = 12.000 Euro
Als Strafe für eine fahrlässige Körperverletzung kann jedoch auch eine Freiheitsstrafe veranschlagt sein. Allerdings ist eine Freiheitsstrafe nicht automatisch gleichzusetzen mit einer Haftstrafe. Bei einer positiven Sozialprognose des Täters und anderen mildernden Umständen kann eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren auch zur Bewährung ausgesetzt werden.
Das bedeutet, dass der verurteilte Täter auf freiem Fuß bleibt und nicht in den geschlossenen Vollzug muss, sofern er sich während der Bewährungszeit keine weiteren Straftaten zu Schulden kommen lässt.
Die Bewährungsfrist ist dabei allerdings nicht mit der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe identisch! Die Dauer der Frist kann generell zwischen zwei und fünf Jahren liegen und zudem noch mit weiteren Auflagen verbunden sein.
Hat zum Beispiel ein Autofahrer aufgrund einer Trunkenheitsfahrt eine fahrlässige Körperverletzung begangen, ist es möglich, dass ein Abstinenznachweis durch ihn erbracht wird – oder aber bei vorliegendem vermuteten Alkoholproblem auch ein Entzug.
Fahrlässige Körperverletzung: Schmerzensgeldanspruch
Auch nach einer aufgrund von Fahrlässigkeit verursachten Körperverletzung kann Schmerzensgeld durch das Opfer geltend gemacht werden. Damit sind nicht nur im Strafrecht nach StGB Folgen durch fahrlässige Körperverletzung zu erwarten, sondern auch auf dem zivilrechtlichen Wege.
Die vom Opfer geltend gemachten Ansprüche können sich je nach Schwere der Verletzung, Dauer des Verdienstausfalls und etwaiger Behandlungskosten je nach Einzelfall unterschiedliche gestalten. Festgeschriebene Schmerzensgeldsummen existieren weder im Strafrecht noch im Zivilrecht.
Macht der Geschädigte Schmerzensgeld geltend, kann darüber sowohl in einem Adhäsionsverfahren verhandelt werden – in dem straf- und zivilrechtliche Folgen zur Debatte stehen – oder aber in einem gesonderten, abgetrennten Verfahren vor der Zivilkammer. Die Strafe für fahrlässige Körperverletzung kann durch die zivilrechtlichen Ansprüche des Opfers gleich doppelt weh tun.
Fahrlässige Körperverletzung & fahrlässige Tötung
Nach einem tödlichen Verkehrsunfall kommt häufig der irrtümlich genutzte Begriff der “fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge” auf. Die in § 227 StGB vermeintlich schwerwiegendste Form der Körperverletzung ist jedoch entsprechend der schweren oder gefährlichen Schädigung nur mit dem Tatmuster des Vorsatzes vereinbar.
Nach einem tödlichen Verkehrsunfall können dem Unfallverursacher im Grunde zwei verschiedene Tatbestände vorgeworfen werden: fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Tötung. Allerdings überwiegt dabei letzterer und am Ende droht eine Verurteilung gemäß § 222 Strafgesetzbuch:
“Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.”
Emir M sagt
Hallo,
mir ist Folgendes passiert: Auf einem Lufthansa-Flug habe ich ein Sandwich bestellt und dabei auf ein Metallstück gebissen, was zu Schäden an meinen Zähnen geführt hat. Ich habe dies sofort dem Purser gemeldet, der jedoch, wie ich später feststellen musste, falsche Angaben gemacht hat. Da ich den Aussagen des Personal vertraute, erwartet ich eine rasche Reaktion. Ich habe mich, nachdem nichts passiert ist, mit dem Customer Relations-Team in Verbindung gesetzt, aber bis heute, vier Monate nach dem Vorfall, keine Rückmeldung erhalten.
Liegt in diesem Fall eine fahrlässige Körperverletzung vor, und an welche Stelle kann ich mich wenden, um dies zu melden? Wäre hier ein Polizeipräsidium die richtige Anlaufstelle?
Vielen Dank.
Esther W sagt
Unfall beim Discounter
Ein Kunde hatte beim holen eines Einkaufswagen sich schnell und ruckartigen rückwärtsgehend ohne zurückzuschauen aus der Wagenstation mich sehr stark mit nach hinten ausgestrecktem Bein angerempelt so dass ich stürzte.
Ich stürzte und stützte mich bei dem Fall mit dem rechten Arm ab, prallte jedoch mit dem Kopf, der Schulter und dem linken Knie auf dem Boden auf.
Die Aussage des Kunden „habe hinten keine Augen“
Nach erstem verdrehen der Situation und die Richtigstellung meines Mannes als Zeuge, meldete sich auch eine Kundin die diesen Vorgang so bestätigte. Auch die Frau von des Kunden bestätigte so den Ablauf des Unfalls. Ich habe sehr starke Schmerzen an Schulter und Knie mit großen Hämatomen.
Der Kunde weigert sich seine Versicherung und Nr. bekannt zu geben. Was kann ich unternehmen? Muss ich nachträglich eine Anzeige bei der Polizei machen? Meine Brille ist kaputt und habe ich Anspruch auf ein Schmerzensgeld?
R. Ivanova sagt
Hallo, mein Fall ist wie folgt. Am 29. Januar wurde ich von einem Lastwagen angefahren. Ich bin nicht schuld an diesem Unfall. Ich war im siebten Monat schwanger. Ich habe mir den Arm gebrochen. Ich hatte eine Operation und eine Metall-Sänfte und Bolzen. Was ist das für eine Körperverletzung? Habe ich Anspruch auf Entschädigung?