Strafenkatalog | |
---|---|
Genitalverstümmelung | Freiheitsstrafe zwischen 1 und 15 Jahren |
... minder schwerer Fall | Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 5 Jahren |
versuchte Genitalverstümmelung ... Abmilderung (§ 49 Abs. 1 StGB) möglich auf | max. 3/4 der Höchststrafe |
Schon seit jeher ist Europa durch eine umfangreiche, ethnische Vielfalt geprägt. Zahllose Einwanderer aus aller Herren Länder bringen dabei auch einen Teil ihrer eigenen Kultur mit und bereichern den Kulturkreis Europa. Doch nicht jede kulturelle und ethnische Tradition ist auch mit den Gesetzen der neuen, europäischen Heimatländer oder mit den hochgehaltenen Menschenrechten vereinbar.
Einen ganz besonderen Fall stellt dabei die Beschneidung bei Frauen und Mädchen dar, einer Praxis, die vor allem aus einigen afrikanischen Ländern bekannt ist. Das Thema hat in den vergangenen Jahren nicht zuletzt auch durch prominente Opfer wie dem Model Waris Dirie umfangreiche Diskussionen losgetreten.
Die Somalierin Dirie, selbst Betroffen von den fragwürdigen Beschneidungsriten, verarbeitet ihre Geschichte unter anderem im Bestseller “Wüstenblume” und setzt sich seither als selbst von Beschneidung betroffene Frau gegen die weibliche Genitalverstümmelung ein.
Im Zuge der umfangreichen öffentlichen Thematisierung dieses Vergehens hat schließlich auch die Politik in Deutschland und Europa eingelenkt – und die Beschneidung bei Mädchen und Frauen als das erkannt, was es ist: eine Körperverletzung mit regelmäßig lebenslangen Schmerzen und Einschränkungen.
FAQ: Genitalverstümmelung
Hierbei handelt es sich um die teilweise oder vollständige Entfernung der äußeren weiblichen Genitalien oder andere Verletzungen der weiblichen Geschlechtsorgane vorsieht. Der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit erfolgt dabei ohne medizinische Gründe.
Nein, denn hierbei handelt es sich um eine vorsätzliche Körperverletzung. Seit 2013 sieht der Strafgesetzbuch für die Verstümmelung weiblicher Genitalien sogar einen eigenen Tatbestand (§ 226a StGB) vor.
Der Gesetzgeber sieht bei einer Verurteilung wegen der Verstümmelung weiblicher Genitalien mindestens eine Freiheitsstrafe von einem Jahr vor.
Inhaltsverzeichnis
Strafbarkeit von Genitalverstümmelung in anderen Ländern
Nicht nur der westliche Kulturkreis, auch immer mehr afrikanische Staaten wenden sich seit den 1990er Jahren von der fragwürdigen Tradition der Beschneibung bei Frauen und Mädchen ab. Dies zeigt, dass die Genitalverstümmelung auch in den afrikanischen Ländern schon lange keine Mehrheit mehr hinter sich vereinen kann.
Unter anderem haben folgende afrikanische Staaten die Genitalverstümmelung ebenfalls unter Strafe gestellt:
- seit 1994: Ghana
- seit 1998: Elfenbeinküste
- seit 1998: Tansania
- seit 2001: Kenia
- seit 2004: Äthiopien
- seit 2005: Südafrika
- seit 2008: Ägypten
In Europa existiert auch schon seit einigen Jahren eine Resolution, die sich die Abschaffung und Bekämpfung der weiblichen Genitalverstümmelung zum Ziel setzt. Seit 2009 hat der Europarat sogar sämtliche Mitgliedsländer dazu verpflichtet, entsprechende Praktiken zu unterbinden und zu bestrafen.
In einigen EU-Staaten gibt es mittlerweile darüber hinaus auch national gefasste Gesetze, die die Beschneidung einer Frau offiziell unter Strafe stellen, u. a.:
- Belgien
- Dänemark
- England
- Irland
- Italien
- Österreich
- Schweden
- Spanien
- Zypern
Warum ist nur die weibliche Genitalverstümmelung unter Strafe gestellt?
Im Zuge der Verhandlungen über den Paragraphen zur Genitalverstümmelung gab es zahllose Proteste vor allem – aber nicht ausschließlich – von jüdischen Vertretern, denn in der ursprünglichen Fassung sollte eine geschlechtliche Differenzierung nicht erfolgen, sodass bei Einführung automatisch auch die Beschneidung beim Mann generell unter Strafe gestanden hätte.
Da jedoch anders als bei der weiblichen Genitalverstümmelung bei der Beschneidung eines Mannes keine lebenslangen Schmerzen oder Beeinträchtigungen zu fürchten sind, könne eine solche Gleichstellung nicht funktionieren.
Denn während beim Mann bei einer Beschneidung lediglich die Vorhaut teilweise oder gänzlich entfernt wird, handelt es sich bei Frauen um weit umfangreichere und blutigere “Operationen” , die tatsächlich auch mit einer Lebensgefahr durch zu hohen Blutverlust, Komplikationen, Entzündungen und Blutvergiftungen einhergehen können – und unter denen die Betroffenen lebenslänglich leiden.
Aus diesem Grunde wurde im Rahmen der Verhandlungen über den Gesetzesentwurf die Einschränkung des Paragraphen zur Genitalverstümmelung auf die Beschneidung bei Frauen getroffen.
§ 226a StGB – Beschneidung bei Frauen und Mädchen als Straftatbestand
Schon die Bezeichnung des neuen Paragraphen, der am 28.09.2013 in Kraft trat, stellt in seiner Wertung die Nähe zur schweren Körperverletzung (§ 226 StGB) her.
Dieser Form der Körperverletzung liegt zugrunde, dass eine besonders schwere Gesundheitsschädigung vorliegt, die mitunter auch dauerhafte Folgen für das Opfer bedeutet. Nur eine Körperverletzung mit Todesfolge ist im Strafrecht strenger zu bewerten als eine schwere nach § 226 StGB.
Welche Strafe droht für die Verstümmelung weiblicher Genitalien?
Nach § 226a Abs. 1 StGB droht einem Täter, der sich der Beschneidung bei Mädchen und Frauen schuldig machte, mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Während bei der schweren Körperverletzung der Strafrahmen auf bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe beschränkt ist, findet sich eine solche Obergrenze im Paragraphen zur Genitalverstümmelung hingegen nicht.
Damit können im Höchstmaß bei einem Schuldspruch auf Grundlage von § 226a StGB sogar bis zu 15 Jahre Haft drohen. Hierbei wird dem lebenslangen Leiden Rechnung getragen, dem sich betroffene Frauen und Mädchen ausgesetzt sehen.
In einem minder schweren Fall liegt der Strafrahmen bei sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (§ 226a Absatz 2 StGB).
Hinterlassen Sie einen Kommentar: