Manche Menschen werden aufgrund einer psychischen Erkrankung, einer Suchterkrankung oder Intelligenzminderung zu Straftätern.
Stellt das Strafgericht fest, dass eine solche Person im Zeitpunkt der Tatbegehung schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war, so wird sie nicht im Strafvollzug, sondern im Maßregelvollzug untergebracht, sofern die Gefahr besteht, dass sie wieder erhebliche Straftaten begehen wird. Sie gelten dann als gefährlich für die Allgemeinheit.
Inhaltsverzeichnis
FAQ: Maßregelvollzug
Straffällig gewordene Menschen, die schuldunfähig oder nur vermindert schuldfähig sind, werden nicht zu einer Strafe im klassischen Sinne verurteilt. Bei ihnen ordnet das Gericht eine Unterbringung im Maßregelvollzug an. Dieser dient einerseits der Sicherheit der Allgemeinheit und andererseits der Therapie der Straftäter.
Bei suchtkranken Menschen ist der Maßregelvollzug auf eine Dauer von zwei Jahren begrenzt. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erfolgt hingegen auf unbestimmte Zeit. Die Entlassung erfolgt in diesem Fall nur bei einer günstigen Prognose für den Untergebrachten. Hier erfahren Sie mehr dazu.
Die Anordnung der Unterbringung erfolgt aufgrund von § 63 oder § 64 StGB. Die beiden Paragraphen erläutern wir hier näher. Darüber hinaus regeln Gesetze der Bundesländer Vollzug, zum Beispiel in einem Maßregelvollzugsgesetz.
Maßregelvollzug: Was ist das?
Im Maßregelvollzug werden Menschen untergebracht, die aufgrund einer Suchterkrankung, psychischen Krankheit oder einer Intelligenzminderung straffällig geworden sind. Das Gericht bringt sie in einer forensisch-psychiatrischen Klinik unter, wenn die Straftäter …
- zum Zeitpunkt der Tatbegehung vermindert schuldfähig oder schuldunfähig waren und
- wenn die Gefahr besteht, dass ihres Zustands erneut erhebliche Straftaten begehen werden.
Es geht also zum einen um den Schutz der Allgemeinheit vor neuen schweren Straftaten, indem der Straftäter sicher untergebracht wird. Zum anderen dient der Maßregelvollzug auch der Therapie. Die dort untergebrachten Menschen sollen auf ein straffreies Leben innerhalb unserer Gesellschaft vorbereitet werden.
Warum es den Maßregelvollzug überhaupt gibt
Im deutschen Strafrecht gilt das Schuldprinzip. Nur schuldfähige Straftäter werden danach zu einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe im klassischen Sinne verurteilt. Voraussetzung für eine solche Verurteilung ist also, dass der Täter selbstbestimmt und frei verantwortlich handeln kann. Er muss in der Lage sein, frei zu entscheiden, ob er eine Straftat begeht oder nicht.
Bei manchen Menschen fehlt aber diese Willens- und Entscheidungsfreiheit. Sie ist krankheits- oder suchtbedingt oder aufgrund einer geistigen Behinderung eingeschränkt oder fehlt völlig. Weil diese Personen eben nicht schuldhaft handeln können, werden sie deshalb weder bestraft noch in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht.
Für diese vermindert schuldfähigen und schuldunfähigen Straftäter wurde der Maßregelvollzug als besondere Form der Unterbringung geschaffen – nicht, um sie zu bestrafen, sondern um die Gesellschaft vor weiteren schweren Straftaten zu schützen und um sie in den forensischen Kliniken zu behandeln und zu therapieren. Nach einer erfolgreichen Therapie im Maßregelvollzug ist eine Entlassung möglich. Dauerhaft psychisch kranke Straftäter müssen allerdings im Maßregelvollzug bleiben.
63er und 64er Maßregelvollzug: Entziehungsanstalt und psychiatrisches Krankenhaus
Das Strafgesetz unterscheidet zwei Formen der Unterbringung im Maßregelvollzug: Paragraph 63 StGB regelt die Unterbringung eines schuldunfähigen bzw. vermindert schuldfähigen Rechtsbrechers in einem psychiatrischen Krankenhaus, weil die Gefahr besteht, dass dieser aufgrund seiner psychischen Erkrankung erneut schwere Straftaten begehen wird.
Der in § 64 StGB geregelte Maßregelvollzug sieht eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für suchtkranke Menschen vor, die ihre Straftat im Rausch oder aufgrund ihrer Sucht begangen haben und bei denen die Gefahr besteht, dass sie erneut in ähnlicher Weise erhebliche Taten begehen werden.
Die folgenden zwei Beispiele sollen verdeutlichen, bei welchen Straftaten psychisch oder suchtkranke Menschen entsprechend untergebracht werden.
- Ein Mann verändert sich fast von heute auf morgen vollständig. Während er früher ruhig und ausgeglichen war, erleben ihn Freunde und Familie zunehmend gereizter. Er fühlt sich bedroht und verfolgt. Er hört Stimmen, die andere nicht hören. In einer solchen Situation schlägt der Mann seine Schwester nieder und attackiert sie mit einem Messer. Er macht sich also wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar. Nach einem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen leidet der Mann an Schizophrenie. Das Gericht ordnet daraufhin seine Einweisung in den Maßregelvollzug mit Psychiatrie nach § 63 StGB an.
- Eine junge Frau, die schon im Kindesalter Marihuana geraucht hat, ist stark heroinabhängig. Anstatt zur Schule zu gehen, bricht sie in Wohnungen ein und überfällt Passanten auf der Straße, um ihre Sucht zu finanzieren. Ein Passant wehrt sich und kann sie festhalten, bis die Polizei eintrifft. Das Strafgericht ordnet die Unterbringung im Maßregelvollzug nach § 64 StGB an. Mithilfe einer Therapie soll sie hier ihre Drogensucht überwinden und auf ein neues Leben in Freiheit ohne Drogen und Straftaten vorbereitet werden.
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und andere Kritikpunkte
Für die Unterbringung eines Menschen in der Entziehungsanstalt oder einem psychiatrischen Krankenhaus gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie darf laut § 62 StGB „nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht.“
Auch die Verweildauer im Maßregelvollzug sollte in einem angemessenen Verhältnis stehen …
- zur Bedeutung und Schwere der begangenen Straftat und
- zu der Gefahr für die Allgemeinheit, die von dem Täter ausgeht.
Die Praxis sieht jedoch oft anders aus. Während der Maßregelvollzug für Patienten mit einer Suchterkrankung zeitlich auf zwei Jahre begrenzt ist, ist er dies bei einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht. Das kann dazu führen, dass der dort untergebrachte Patient länger im Maßregelvollzug bleibt als ein gesunder Straftäter, der eine vergleichbare Tat begangen hat, im Strafvollzug.
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