Neben den Antragsdelikten gibt es im deutschen Strafrecht auch noch andere Straftatbestände, bei denen die Anzeige nicht durch das Opfer selbst erfolgen muss. Diese Vergehen und Verbrechen heißen gemeinhin Offizialdelikte.
Die meisten im Strafgesetzbuch (StGB) gelisteten Straftaten sind Offizialdelikte. Nur wenige werden erst auf Antrag des Opfers oder dessen gesetzlichen Vertreter bzw. Angehörigen strafrechtlich verfolgt.
Existiert dabei keine Einschränkung, die einen Tatbestand im Strafgesetzbuch als Antragsdelikt kennzeichnet, so handelt es sich stets um ein Offizialdelikt.
Doch was genau bedeutet das? Und welche Formen der Körperverletzung sind Offizialdelikt? Dies und mehr erfahren Sie im Folgenden.
FAQ: Offizialdelikt
Als Offizialdelikt wird eine Straftat bezeichnet, die von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgt wird.
Als Beispiele für Offizialdelikte lassen sich unter anderem fahrlässige Tötung, Erpressung, Mord, Totschlag oder Raub anführen.
Hierbei kommt es grundsätzlich auf die Umstände der Tat an. So handelt es sich bei einer schweren oder gefährlichen Körperverletzung um ein Offizialdelikt. Eine einfache Körperverletzung fällt hingegen nicht in diese Kategorie.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Offizialdelikt? Definition und Unterscheidung zum Antragsdelikt
Ein Offizialdelikt ist eine Straftat, die von Amts wegen durch die Staatsanwaltschaft strafrechtlich verfolgt wird. Das bedeutet, dass nach Tatbegehung automatisch von offizieller Stelle die Ermittlung der Tat erfolgt. Das Opfer muss damit nicht selbst erst Anzeige erstatten – bzw. dessen gesetzliche Vertreter oder Angehörige – wie es nach einem Antragsdelikt in aller Regel der Fall ist.
Ist der Täter bzw. der Verdächtige damit bekannt, kann er nicht darauf hoffen, dass das Opfer aus Angst oder Furcht auf eine Anzeige verzichtet und die Tat so ungesühnt bleibt. Denn handelt es sich bei der begangenen Straftat um ein Offizialdelikt, ist der Strafantrag des Opfers nicht ausschlaggebend für die Anklageerhebung.
Zugrunde liegt dem Offizialdelikt, dass vor allem schwere Vergehen und Verbrechen schon allein aufgrund des besonderen öffentlichen – also gesellschaftlichen – Interesses, strafrechtlich verfolgt werden sollen. Die im Strafgesetzbuch aufgeführten Tatbestände sind im Gros schwerwiegende Handlungen. Der Täter, sofern er nicht angeklagt und verurteilt wird, könnte bei Wiederholung auch weiteren Personen schaden und den gesellschaftlichen Strukturen in ihrer Gesamtheit.
Automatische Strafanzeige durch die Polizei
Ganz ohne Anzeige funktioniert jedoch auch das Offizialdelikt nicht. Allerdings wird diese von anderer Seite gestellt: der Polizei. Gelangt ein Polizeibeamter zur Kenntnis über eine begangene Straftat, die selbst Offizialdelikt ist, so obliegt es diesem, eine Strafanzeige erstellen.
Wichtig ist dabei, dass es weder den Polizisten noch den Polizeibehörden zusteht, im eigenen Ermessen und nach eigener Entscheidung auf die Einleitung des Strafverfahrens zu verzichten. Dies könnte ihnen im schlimmsten Fall als Strafvereitelung ausgelegt werden, selbst ein Straftatbestand nach § 258a StGB.
Auch wenn ein Polizeibeamter nicht absolut sicher ist, ob der Straftatbestand erfüllt ist, muss er den Vorgang anzeigen. Die strafrechtliche Bewertung des Falles obliegt allein den Gerichten und kann zumeist erst nach eingehender Prüfung und polizeilicher Ermittlung sicher getroffen werden.
Im Übrigen: Sofern ein Polizist außerhalb seiner Dienstzeit Kenntnis von einem Verbrechen erlangt, entfällt die zwangsläufige Verpflichtung, den Vorgang anzuzeigen und so das Strafverfahren und die Ermittlungen einzuleiten. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH; Aktenzeichen 5 StR 294/53) gilt diese Entlastung jedoch nicht, wenn es sich dabei um Verbrechen oder schwerwiegende Vergehen handelt.
Beispiele für Offizialdelikte
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den meisten im StGB aufgeführten Tatbeständen um Delikte, die von Amts wegen strafrechtlich verfolgt werden und keines Strafantrages bedürfen. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für Offizialdelikte (die Liste erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit). Dabei wird eine Unterscheidung getroffen zwischen Verbrechen und Vergehen.
Vergehen:
- fahrlässige Tötung
- Menschenhandel
- Nötigung (auch im Straßenverkehr)
- Erpressung
- Strafvereitelung
Verbrechen:
- Mord
- Totschlag (auch in einem minder schweren Fall nach § 213 StGB)
- erpresserischer Menschenraub
- Geiselnahme
- Raub
Es gibt auch Tatbestände, die sowohl Antrags- als auch Offizialdelikt sein können. Dabei ist vor allem das Ausmaß der Tathandlung für die Beurteilung heranzuführen. Beispiele hierfür sind etwa die Straftatbestände Unterschlagung und Diebstahl. Offizialdelikt sind diese dann nicht, wenn es sich lediglich um geringe Sachwerte handelt, die unterschlagen bzw. gestohlen wurden – beide gelten dann als Antragsdelikt nach § 248a StGB.
Liegt hingegen ein besonderes öffentliches Interesse vor oder sind die Sachwerte nicht gering, so ist stets auszugehen von einem Offizialdelikt – sowohl bei Diebstahl als auch bei Unterschlagung. Beide sind dann folglich von Amts wegen zu verfolgen.
Und auch bei den unterschiedlichen Graden der Körperverletzung handelt es sich nicht in jedem Fall um Offizialdelikte.
Wann verjähren Offizialdelikte?
Anders als bei den Antragsdelikten, bei denen spätestens drei Monate nach Kenntniserlangung ein Strafantrag gestellt werden muss, ist eine solche Verjährungsfrist bei den Offizialdelikten nicht anzusetzen. Die Verjährung der Straftaten richtet sich dann nach den Bestimmungen in § 78 Absatz 3 StGB und kann zwischen drei und dreißig Jahren liegen.
Die einzige Straftat, bei der nie eine Verfolgungsverjährung eintritt, ist ein begangener Mord nach § 211 StGB. Theoretisch ist eine Ahndung hier auch noch 50 und mehr Jahre später möglich.
Wann handelt es sich um ein Offizialdelikt bei Körperverletzung?
Unter den insgesamt acht Graden und Formen der Körperverletzung, die im 17. Abschnitt des Strafgesetzbuches aufgeführt sind, handelt es sich nicht in jedem Fall um Offizialdelikte. Darauf verweist der eingeschobene Paragraph 230 StGB, der sich mit dem Strafantrag in Bezug auf die Körperverletzung beschäftigt.
Hierin ist bestimmt, dass zwei der Grade nicht als Offizialdelikt anzuerkennen sind, sondern der Strafanzeige durch das Opfer oder dessen Vertreter bedürfen: die einfache und die fahrlässige Körperverletzung. Eine Ausnahme gilt dann, wenn die strafrechtliche Verfolgung im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Dann können auch diese Tatbestände als Offizialdelikt verfolgt werden.
Tabelle: Welche Körperverletzung ist Offizialdelikt?
Straftatbestand | ||
---|---|---|
einfache bzw. leichte Körperverletzung (§ 223 StGB) | ||
gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) | ||
Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB) | ||
schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) | ||
Verstümmelung weiblicher Genitalien (§ 226a StGB) | ||
Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) | ||
fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) | ||
Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB) |
Sandra M sagt
Hallo. folgende Situation. furch meine Aussage kamm es zu einer Prügellei. wo bei vom Discounter Polizei gerufen wurden unteranderem war. eine Flasche mit im Spiel aber nicht durch diese verletzt ist das eine einfache oder schwere Kopfverletzungen??? und gibt es Anzeige auf Vorbehalt?
bin ich durch meine Aussage mit betroffen????
Anna sagt
Mein Mann wollte mich und meinen Sohn mit einem schweren Standventilator erschlagen. Ich konnte in letzter Minute durch psychologisches Taktieren ihm den Ventilator entreißen und beschwichtigen.
Ich erlitt jedoch eine lebensbedrohliche Kammertachykardie vor Todesangst und mein implantierter Defibrillator musste einmal einen schmerzhaften Schock absetzen. Vor Angst wegen unsensiblem IUmgang seitens der Behörden (z.B. Brief trifft ein während ich bin mit dem Aggressor allein bin) habe ich bislang keine Anzeige erstattet. Werde dieses aber nachholen. Ich vermute, dass das mindestens schwere, wenn nicht sogar gefährliche Körperverletzung ist. Vielleicht sogar versuchter Totschlag? Beim Kardiologen ist die Schockauslösung dokumentiert.
Wenn ich das melde, wird er dann wenigstems sofort in Gewahrsam genommen. Aggressiv ist er nahezu ständig.
Elsa sagt
Mein Partner wurde durch die Polizei angezeigt weil ich sie gerufen hatte als mir durch eine häusliche Auseinandersetzung die Nase geblutet hat (war im Nachgang dann auch gebrochen), war aber kein direkter Schlag sondern im Gerangel des Gefechts passiert.
Nun hat Mein Partner ein Beschluss mit 8 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie Geldstrafe bekomnen.
Die Polizei begründet dies, dass er vor ca 6 Jahren mich schonmal getreten hätte (dies haben sie im Krankenhaus recherchiert, bei denen ich mich kurzvorgestellt hatte). Darf dieser alte und nicht angezeigte Sachverhalt herangezogen werden? Kann ich als Opfer bei dem Beschluss positiv einwirken? Denn ich finde das alles sehr überzogen
Sebastian sagt
Frage zur aktuellen Corona-Situation: Tochter steckt ungeimpfte Vater bei einem Besuch mit Corona an, der infolge der Erkrankung verstirbt. Zum Zeitpunkt des Besuches hätte sie selbst schon davon ausgehen können, infiziert zu sein, da sie Kontakt zu einem Infizierten hatte und bereits selbst leichte Symptome gezeigt hat. Sie selbst gehört zum Lager der Corona-Leugner und hält sich auch sonst an keine Regeln. Frage: Antrags-oder Offizialdelikt?
Dietrich sagt
Danke für die Infos und Gedanken über Körperverletzung und Offizialdelikt. Gut zu wissen, dass eine Anzeige für das Offizialdelikt notwendig ist. Dieses Bereich von Strafrecht sollten wir alle ernst nehmen.
Mario F. sagt
Hallo,
ist hier ein Fall bekannt, bei dem die Frage nach Schmerzensgeld bzw. Schadensersatz durch ungerechtfertigte Strafverfolgung bzw. das nichtverfolgen von Straftaten gegen eine Person thematisiert wurden?
Sind hier Anwälte im Raum Leipzig oder Bundesweit bekannt, die tatsächliche Erfahrungen bei Klagen gegen ein Bundesland haben oder sind hier nur Werbeeinträge gelistet?
Danke
Mario
Nachtrag: Durch die willkürliche STrafverfolgung besteht seit 2015 Erwerbsunfähigkeit. Die angeblichen Straftaten sind aus den Jahren 2011 bis 2014 und werden jetzt gerade (2019) verhandelt. Jetzt begreift man auch das die Vorwürfe alles nur Müll sind, Anzeigenerstatter gelogen haben und die Polizei geschlafen hat obwohl es bereits in den Akten steht und ich dies über die ganzen Jahre auch immer wieder so gesagt und geschrieben habe.
Mario
Kruse sagt
Sehr geehrte Damen und Herren,ich hätte eine Frage zu der einfachen Körperverletzung nach § 223.
Gehört ein Faustschlag mit der Faust ins Gesicht dazu? Mit freundlichem Gruß,S. Kruse
Gern sagt
Wenn kein Tatbestandsmerkmal der schweren Körperverletzung dabei erfüllt wird, dann ja.
Büchmann sagt
Unter Umständen ist je nach Situation auch eine Bestrafung nach 224 I Nr. 3 StGB oder in Einzelfällen sogar 224 I Nr. 5 StGB.