Jeden Tag begeben sich hunderttausende Menschen aller Alters- und Sozialklassen freiwillig in größte Gefahren. Dieses Spiel mit dem Feuer ist gesellschaftlich sogar fester Bestandteil einer jeden Groß- und Kleinstadt. Die Rede ist vom Straßenverkehr, der an allen Ecken große Risiken in sich birgt.
Im ersten Halbjahr von 2015 verzeichnete die Polizei ca. 140.000 Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden. Von Prellungen, über Brüche bis hin zu schweren Organverletzungen ist die Palette der Verwundungen in solchen Fällen groß.
Da Schmerzen immer eine unangenehme Empfindung darstellen, die kein Mensch unfreiwillig ertragen sollte, hat das deutsche Rechtssystem das sogenannte Schmerzensgeld integriert. Nach einem Unglück kann dieses dem Geschädigten zumindest eine gewisse Linderung für die erlittenen Folgen verschaffen.
Was in der Theorie so simpel klingt, stellt sich in der Praxis nicht ganz so einfach dar. Wie bekommt man also Schmerzensgeld nach einem Unfall? Kann ein Schleudertrauma als Unfallfolge Schmerzensgeld begründen?
Die Antworten auf diese und weitere wichtige Fragen finden Sie in diesem Ratgeber, der sich ausführlich mit dem Schmerzensgeld nach einem Unfall befasst.
FAQ: Schmerzensgeld nach einem Unfall
Schmerzensgeld dient unter anderem dazu, einen finanziellen Ausgleich für erlittene Verletzungen schaffen.
Ja, lassen sich die erlittenen Schäden auf das Fremdeinwirken einer dritten Person zurückzuführen, können die Geschädigte in der Regel einen Anspruch auf Schmerzensgeld geltend machen.
Die Schmerzensgeldhöhe wird für jeden Fall individuell bemessen. Eine Orientierung bieten dabei sogenannte Schmerzensgeldtabellen, die Urteile über ähnlichen Verletzungen enthalten. Eine Beispiel dazu finden Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
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Unfall – Was ist rechtlich darunter zu verstehen?
Unfälle gehören zum Leben dazu und so hat jeder Mensch sicherlich schon diverse Male kleinere oder größere Missgeschicke erlitten.
Nicht immer muss ein derartiger Zwischenfall schlimme Verletzungsfolgen nach sich ziehen, aber wenn doch Verwundungen auftreten, die der Geschädigte selbst nicht zu verantworten hat, kann er unter Umständen Schadenersatz nach einem Unfall beantragen.
Rechtlich wird ein Unfall als plötzlich eintretendes Ereignis bezeichnet, welches einen nicht unerheblichen Personen- oder Sachschaden verursacht.
Diese Begrifflichkeit ist insbesondere im Straßenverkehr von großer Bedeutung. Hierbei kann zwischen der strafrechtlichen und der zivilrechtlichen Perspektive unterschieden werden.
Im Strafrecht geht es beim Unfall nicht um Schmerzensgeld, da dieses eine zivilrechtliche Forderung darstellt. Dennoch enthält das Strafgesetzbuch (StGB) eine Bestimmung, die sich mit dieser Form des Schadensereignisses auseinandersetzt.
§ 142 StGB stellt das unerlaubte Entfernen vom Unfallort unter Strafe. Im Sinne dieses Paragraphen handelt es sich um ein unvorhersehbares Geschehen, das unmittelbar mit den typischen Gefahren des Straßenverkehrs einhergeht und einen Personen- oder Sachschaden von gewissem Belang zur Folge hat.
Unklar bleibt jedoch, inwiefern ein solches plötzliches Schadensereignis stets eine vorsätzliche Herbeiführung voraussetzt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu entschieden, dass der Vorsatz kein wesensbestimmendes Kriterium ist, sondern vielmehr die Verwirklichung der allgemein üblichen Risiken im Straßenverkehr vorhanden sein muss.
Wer zahlt Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall?
Im Strafrecht werden nur Fahrzeugführer in die Pflicht genommen, wenn sich diese unerlaubt vom Unfallort entfernen. Das Zivilrecht sieht demgegenüber eine Haftungserweiterung vor, indem es zusätzlich den Fahrzeughalter zur Verantwortung zieht, wenn nach einem Unfall Schmerzensgeld einer gewissen Höhe gefordert wird.
In § 7 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) wird die Pflicht zum Schadensersatz durch den Halter bei der Tötung oder Körper- sowie Gesundheitsschädigung eines anderen ebenso festgeschrieben wie bei einer Sachbeschädigung.
§ 18 StVG bestimmt darüber hinaus die Ersatzpflicht des Fahrzeugführers. Dort heißt es:
In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs oder des Anhängers zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.
Neben der Möglichkeit, über die Versicherung des Unfallgegners Schadensersatz einzufordern, kann auch eine private Unfallversicherungen für Nichtvermögensschäden aufkommen.
Sinnvoll kann dies unter anderem auch sein, wenn es zu einem Schulunfall kommt. Schmerzensgeld kann in solchen Fällen nicht über die gesetzliche Unfallversicherung abgegolten werden, sondern es kann allenfalls durch denjenigen bzw. dessen Versicherung gezahlt werden, der die Verletzung vorsätzlich verschuldet hat.
Haben die Eltern jedoch einen privaten Versicherungsschutz abgeschlossen, leistet dieser unter Umständen auch bei Schulunfällen Schadensersatz.
Haftungsbesonderheiten bei Unfällen im Straßenverkehr
Der technische Fortschritt und das Funktionieren der Wirtschaft sind häufig von Tätigkeiten oder maschinellen Anlagen abhängig, die trotz der Vorteile, die sie der Gesellschaft bringen, auch gewisse Gefahren für Mensch und Umwelt erzeugen.
Der Straßenverkehr gehört genau in diesen Bereich, denn er birgt stets ein Verletzungsrisiko in sich, erweist sich aber für eine Infrastruktur als unumgänglich. Aufgrund dieser Gefährlichkeit herrscht hier eine Haftungserweiterung, die sogenannte Gefährdungshaftung.
Dabei handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Haftung, die den Betreffenden auch dann zur Verantwortung zieht, wenn er ein Schadensereignis nicht vorsätzlich herbeigeführt hat.
Das heißt, Schmerzensgeld nach einem Unfall setzt keine vorsätzliche Verursachung voraus, da der Fahrzeughalter kraft Gesetz für Schäden haftet. Um beispielsweise Schmerzensgeld nach einem Unfall mit Schleudertrauma zu erhalten, muss das Opfer dann kein Verschulden des Fahrzeughalters beweisen, da dieses keine Haftungsvoraussetzung ist.
Im Straßenverkehrsgesetz ist die Gefährdungshaftung in § 7 festgeschrieben, wonach ein Fahrzeughalter dazu verpflichtet ist, dem körperlich oder gesundheitlich Verletzten den entstandenen Schaden zu ersetzen.
Um jedoch einen an und für sich schuldlosen Schadensersatzpflichtigen nicht über die Maßen mit Schmerzensgeldleistungen zu belasten, enthalten die gängigen Gesetze gewisse Einschränkungen.
Beispielsweise ist eine Haftung im Straßenverkehr ausgeschlossen, wenn der Schaden auf die Einwirkung höherer Gewalt zurückzuführen ist.
Weitere Gesetzesgebiete, in denen diese Haftungsbesonderheit gilt, sind:
- § 833 BGB: Tierhalter haften mit Schmerzensgeld für einen Hundebiss.
- § 84 Arzneimittelgesetz (AMG): Pharmazeutische Unternehmen müssen Schäden, die durch Arzneimittel verursacht wurden, ersetzen.
- § 1 Haftpflichtgesetz (HPflG): Gefährliche Unternehmen wie Bahnbetriebe oder Bergwerke sind zum Schadensersatz verpflichtet, wenn durch den Betrieb der Anlagen Menschen verletzt werden.
- § 33 Luftverkehrsgesetz (LuftVG): Flugzeughalter werden zur Entschädigung verpflichtet, wenn eine Person einen immateriellen Schaden erlitten hat.
Unfallversicherung für Schmerzensgeldfälle: Doppelt hält besser
Grundsätzlich lassen sich zwei Formen der Unfallversicherung unterscheiden. Es existiert die berufliche Variante, die durch die Berufsgenossenschaften getragen wird. Hier sind Wege- und Arbeitsunfälle das Hauptanwendungsgebiet.
Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall übernimmt die Berufsgenossenschaft nicht. Vielmehr kann hier unter gewissen Voraussetzungen der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet werden.
Da das jedoch mitunter schwierig und oftmals wenig erfolgversprechend ist, steht es jedem Berufstätigen frei, sich zusätzlich privat gegen Unfallfolgen abzusichern. Eine private Unfallversicherung kann dann mittels spezieller Zusatzklauseln Schmerzensgeldzahlungen beinhalten.
Die Höhe des Betrages, der durch einen solchen Versicherungsdienstleister ausgezahlt wird, variiert je nach Anbieter und Tarif. In der Regel werden die Summen in einer Tabelle derart ausgewiesen, dass der prozentuale Anteil des Schmerzensgeldes auf die vereinbarte Versicherungssumme angegeben ist.
Werte bis zu 100 % sind dabei durchaus möglich, ist doch stets die Art der Verletzung entscheidend. Allerdings legt eine private Unfallversicherung für das Schmerzensgeld zumeist vorab Höchstsummen fest, sodass die Beträge nicht in ungeahnte Höhen ansteigen können.
Schmerzensgeld: Der immaterielle Schuldanspruch laut BGB
Nachdem bereits erörtert wurde, wer für die schmerzensbedingten Zahlungen verantwortlich ist, soll nun darauf eingegangen werden, worum es sich beim Schmerzensgeld überhaupt handelt.
Die gesetzliche Grundlage liefert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in § 253. Dort werden sogenannte Nichtvermögensschäden als ersatzpflichtig ausgewiesen. Konkret werden folgende Schadensfälle benannt:
- Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, beispielsweise durch Frakturen, Amputationen oder weitere Verwundungen.
- Gesundheitliche Schädigung, die sich unter anderem durch psychische Störungen, wie Depressionen, zeigt.
- Verhinderung der Freiheit, was als zivilrechtliche Nebenfolge einer strafrechtlichen Freiheitsberaubung vorkommen kann.
- Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung, was zum Beispiel zum Schmerzensgeld für eine Vergewaltigung führen kann.
Bemerkenswert ist die enorme Reichweite dieser Vorschrift, welche sowohl physische als auch psychische Schäden abdeckt. Ebenso breitgefächert kann das Schmerzensgeld nach einem Unfall sein. Das Gesetz sieht nämlich keine starren Größen vor, stattdessen wird eine billige Entschädigung in Geld gefordert.
Wieviel Schmerzensgeld ist nach einem Unfall möglich?
Unter dem Begriff der billigen Entschädigung lässt sich schwerlich eine konkrete Summe ableiten. Aber genau das ist auch so beabsichtigt, denn die Schmerzensgeldberechnung nach einem Unfall erfolgt stets einzelfallbezogen und individuell.
Dabei werden unter anderem folgende Punkte berücksichtigt:
- Art, Intensität und Dauer der Verletzung
- Notwendigkeit und Zeitraum einer stationären Behandlung
- Vorliegen von Folge- oder Dauerschäden sowie Entstellungen
- Schweregrad der Schmerzen
- Zeitspanne der Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit
- Mitverschulden des Geschädigten
- vorsätzliche/grob fahrlässige Herbeiführung durch den Schädiger
- Vermögenslage von Täter und Opfer
Erst nach Abwägung all dieser Aspekte ist es möglich, eine konkrete Berechnung vom Schmerzensgeld nach dem Unfall anzufertigen.
Eine umfassende Beweisführung seitens des Geschädigten ist daher unerlässlich, um die Leistungspflicht zu begründen und die Leistungshöhe zu beeinflussen.
Oftmals wird zusätzlich nach abgeurteilten Vergleichsfällen gesucht, die der Orientierung dienen. Hierzu ziehen Richter eine sogenannte Schmerzensgeldtabelle für einen Unfall heran.
Schmerzensgeld nach einem Unfall: Eine Tabelle liefert Richtwerte
Der große Ermessensspielraum bei der Bestimmung vom Schmerzensgeld nach einem Unfall kann für den Verunfallten Fluch und Segen zugleich sein. Immerhin kann er im Vorhinein nie wissen, welche Summe ihm letztlich zugesprochen wird. Diese kann also entweder erfreulich hoch oder doch eher gering angesiedelt sein.
Gerade die zu erwartende Höhe vom Schadensersatz ist für viele Betroffene der ausschlaggebende Fakt, um überhaupt Schmerzensgeld nach einem Unfall geltend zu machen.
Da sich gegnerische Versicherungen außergerichtlich oftmals nicht sonderlich kooperativ zeigen, wenn Betroffene eine Schmerzensgeldforderung nach einem Unfall vorbringen, bleibt nur der gerichtliche Weg. Wenn der allerdings nur wenige Euro erzielt, würden viele Geschädigte im Zweifel auf ihre Rechte verzichten.
Anhand der dort zugesprochenen Summe kann der Betreffende einen Eindruck davon gewinnen, wie viel Schmerzensgeld nach einem Unfall beispielsweise eine Prellung nach sich ziehen kann.
Sehen Sie hier Fälle für ein durch einen Unfall begründetes Schmerzensgeld in einer Tabelle:
Unfallverletzung | Schmerzensgeld summe | Gericht, Jahr |
---|---|---|
Fußamputation am Unfallort | 75.000 € | LG Bielefeld, 2005 |
Schädelfraktur und Schädelhirntrauma nach Bootsunfall | 7.000 € | OLG München, 2013 |
unfallbedingte Oberschenkelfraktur und zum Tode führende Lungenentzündung | 5.600 € | LG Wuppertal, 2013 |
Gehirnerschütterung und Unfallschock | ca. 510 € | OLG Köln, 1978 |
Platzwunde und Unfallschock | ca. 410 € | AG Worms, 1993 |
Schlaganfall nach Information über verunfallte Tochter | 0 € | OLG Nürnberg, 2005 |
Ist eine Verletzung oder gesundheitliche Schädigung mit 0 Euro ausgewiesen, wurde der Anspruch auf Schmerzensgeld nicht zuerkannt.
Oftmals ist dies bei Bagatellschäden der Fall. Ein Schmerzensgeld für eine Prellung kann beispielsweise aufgrund eines Bagatellschadens abgewiesen werden.
Auch ein Schleudertrauma nach einem Unfall zieht Schmerzensgeld nicht unweigerlich nach sich. Zu diesem Sonderfall erfahren Sie in einem späteren Abschnitt Näheres.
In der Praxis ist ein Rückgriff auf diese drei Schmerzensgeldtabellen am üblichsten:
- Liste von Hacks/Ring/Böhm: nur in Buchform käuflich erwerbbar
- Beck‘sche Schmerzensgeldtabelle: kostenlos im Internet einsehbar
- Schmerzensgeldsammlung vom Oberlandesgericht (OLG) Celle: im Internet kostenfrei abrufbar
Bei der Handhabung solcher Tabellen gilt es stets, einige Punkte zu beachten. Allem voran sollte sich jeder Nutzer darüber bewusst sein, dass die Werte, die in diesen Übersichten enthalten sind, keine bindende Wirkung entfalten.
Sind Sie beispielsweise ein Leistungssportler wiegt für Sie der Verlust eines Beines gegebenenfalls deutlich höher, als es für einen Büroangestellten der Fall wäre, der seiner Tätigkeit vorrangig im Sitzen nachkommt.
Allein schon aus diesem Grund können Schmerzensgeldtabellen immer nur zusätzliche Bemessungskriterien sein. Darüber hinaus sind einige weitere Punkte kritisch zu bewerten:
- Bei den Herausgebern handelt es sich zumeist um Privatpersonen, ohne juristische Ausbildung. Eine allumfassende Kenntnis der Rechtslage ist somit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vorhanden.
- In der Regel sind die Tabellen nur mit Kurzbeschreibungen versehen und liefern kein umfassendes Verletzungsbild. Parallelfälle lassen sich so nur schwer ausfindig machen.
- Vergleiche, ob außergerichtlich oder gerichtlich getroffen, sind nicht Bestandteil dieser Listen.
- Mangels inflationärer Aktualisierungen können Jahrzehnte auseinanderliegende Urteile allein schon aus wirtschaftlicher Sicht nicht verglichen werden.
- Die immer häufiger aufgeführten Promiurteile verzerren das Bild verhältnismäßiger Schmerzensgeldzahlungen.
Verjährung vom Schmerzensgeld: Wie lange nach dem Unfall besteht der Anspruch?
Auch beim Schmerzensgeld nach einem Unfall sollte sich der Geschädigte nicht unendlich viel Zeit damit lassen, seinen Anspruch durchzusetzen. Ist die zivilrechtliche Forderung erst einmal verjährt, kann er keinen Schadensersatz einklagen.
Im Zivilrecht gilt eine regelmäßige Verjährung von drei Jahren. So schreibt es § 195 BGB vor.
Diese Frist beginnt am Ende des Jahres, innerhalb dessen sich das Schadensereignis zutrug und der Verunfallte von der Person des Schädigers Kenntnis erlangte.
Für den Fall, dass der Geschädigte von Tat und Verursacher keine Kenntnis erlangte, tritt eine gesetzlich definierte Höchstgrenze in Kraft. Die liegt gemäß § 197 BGB bei 30 Jahren.
Zahlungsvarianten: Einmalzahlung und Schmerzensgeldrente
Wenn Schmerzensgeld nach einem Unfall gerechtfertigt ist, stellt sich die Frage, in welcher Art die Auszahlung stattfindet. Neben der Einmalzahlung besteht die Variante der Schmerzensgeldrente.
Diese ist in § 843 BGB geregelt und nur für bestimmte Fälle vorgesehen:
Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.
2012 sprach das Kammergericht Berlin einer Klägerin beispielsweise 500.000 Euro Schmerzensgeld aufgrund eines Behandlungsfehlers zuzüglich einer Rente in Höhe von 650 Euro zu. Die Anspruchstellerin erlitt im Alter von 4 ½ Jahren infolge eines Arztfehlers einen schweren Hirnschaden und war seitdem auf permanente Hilfe angewiesen.
Eine solche Geldrente darf nicht gegen den Willen des Betroffenen verhängt werden, sondern benötigt in der Regel einen gesonderten Antrag.
Neben der monatlichen Zahlung sieht das BGB außerdem die Möglichkeit vor, eine Schmerzensgeldrente zu kapitalisieren. Dabei werden die Einzelbeträge summiert und zu einem Gesamtwert zusammengefasst.
Versicherungen ziehen üblicherweise die Kapitalisierung vor, da der Regulierungsaufwand geringer ist und der Fall schneller abgeschlossen werden kann.
Besondere Unfallformen und -schäden
Der immaterielle Schadensersatz erfasst verschiedenste Schadensereignisse. Vom Hundebiss, über Mobbing, bis hin zur Vergewaltigung deckt dieser zivilrechtliche Anspruch eine große Vielfalt an Verletzungen ab.
Die Art der Verletzung, die ein Schmerzensgeld nach einem Unfall begründet, hängt dabei oft von der Unfallform ab. So sind für einen Autounfall in der Regel andere Beeinträchtigungen typisch als bei einen Motorradunfall.
Die fehlende Knautschzone führt bei Zweirädern oftmals zu besonders schweren Verwundungen, während bei einem Zusammenstoß von Pkw manchmal nur leichte Schäden verursacht werden.
Eine Folge, die jedoch durch beide Unfallgeschehen ausgelöst werden kann, ist der Schockschaden. Diese Form der psychischen Erschütterung kann unabhängig von der Unfallvariante auftreten.
Motorradunfall: Hohe Entschädigungssummen für Polytraumata
Bei einem Motorradunfall sind hohe Schmerzensgeldforderungen keine Seltenheit. Denn aufgrund des fehlenden Blechmantels, von dem Autofahrer umgegeben sind, kann es bei einem Sturz mit dem Zweirad schnell zu einem Mehrfachanprall kommen.
Das bedeutet, dass der Fahrer mehrere Kollisionen erleidet, indem er beispielsweise auf die Motorhaube eines unfallbeteiligten Fahrzeuges und anschließend auf den Asphalt prallt. Schwere Polytraumata sind in einem solchen Fall oftmals die Folge.
165.000 Euro erhielt 2011 ein Motorradfahrer durch das Urteil des OLG Bambergs. Er trug eine Querschnittslähmung von dem Unfallereignis davon.
2006 sprach das OLG Hamm einem verunglückten Motorradfahrer 50.000 Euro Schmerzensgeld nach einem Unfall zu. Der Geschädigte erlitt bei einem Zusammenstoß mit einem Traktor schwerste Verletzungen, wie eine Beckenringsprengung, eine Rippenserienfraktur, einen Ellenbogen- und Schlüsselbeinbruch. Infolgedessen war die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen um 50 % gemindert.
Nicht nur die Führer der zweirädrigen Kraftfahrzeuge selbst sind bei Kollisionen oder Stürzen gefährdet, sondern auch deren Beifahrer. 2001 wurden dem Sozius eines Motorradfahrers 40.000 Euro Schmerzensgeld nach einem Unfall durch das OLG Hamm zugesprochen. Grundlage dafür war die Unterschenkelamputation, die durch das Schadensereignis notwendig war.
Hinsichtlich des Helmes bestehen immer wieder Unsicherheiten dahingehend, ob einem verunglückten Fahrer der Helm abgenommen werden soll oder nicht. Grundsätzlich gilt, dass der Kopfschutz bei bewusstlosen Unfallopfern vorsichtig zu entfernen ist.
Dies mindert nicht nur die Erstickungsgefahr und das Risiko, einen Herz-Kreislauf-Stillstand zu erleiden, sondern ermöglicht auch das Verbringen in die stabile Seitenlage.
Begeht jedoch im weiteren Handlungsverlauf ein Arzt einen Fehler, kann dieser gegebenenfalls mit Schmerzensgeld wegen eines Behandlungsfehlers in Anspruch genommen werden.
Autounfall: Entschädigung für ein Schleudertrauma?
3,2 Millionen Neuzulassungen für Pkw registrierte das Kraftfahrt-Bundesamt 2015 für Deutschland. Bei einem dadurch bedingten Verkehrsaufkommen sind Unfälle an der Tagesordnung.
Kommt es zu einer Kollision mit Personenschaden ist stets zwischen dem materiellen und dem immateriellen Schadensersatz zu unterscheiden. Ersterer erfasst Reparaturkosten, Ausgaben für die Heilbehandlung und Ausgleichszahlungen infolge eines Verdienstausfalls oder einer Erwerbsminderung.
Neben diesen Schadenspositionen muss die Versicherung des Verursachers gegebenenfalls auch immaterielle Schäden in Form von Schmerzensgeld nach einem Unfall begleichen. Die Höhe der materiellen Ansprüche hat dabei keinen Einfluss auf die Summe der immateriellen Entschädigungssumme.
Das heißt, auch wenn die Kosten für die Reparatur nur gering sind, kann die Summe des Schmerzensgeldes nach einem Verkehrsunfall deutlich höher ausfallen. Abhängig ist dies immer von der Art der Verletzung.
Während Brüche stets eindeutig nachweisbar und somit anspruchsbegründend sind, verhält es sich bei einem durch einen Unfall hergerufenen Schleudertrauma mit dem Schmerzensgeld schwieriger.
Bei einer Fahrzeugkollision wird dann durch eine extreme Energieübertragung auf den Nacken eine Überdehnung von Bändern und Bandscheiben hervorgerufen.
Der Schweregrad der dabei verursachten Beeinträchtigung kann variieren und bestimmt später, ob dem Opfer vom Unfall überhaupt Schmerzensgeld für das Schleudertrauma zusteht.
Juristisch betrachtet sind drei Schweregrade zu unterscheiden:
1. Grad:
- leichte Nacken- und Kopfschmerzen und geringere Bewegungseinschränkungen der HWS
- Röntgenbilder lassen üblicherweise keine Veränderungen erkennen
- neurologisch ist kein Nachweis belegbar
- Symptome treten oft erst nach gewisser Zeit auf
2. Grad:
- Röntgendiagnostik zeigt Veränderungen wie Schiefstand, Kapseleinrisse oder Gefäßverletzungen
- Symptome werden entweder noch am Unfallort oder kurze Zeit später spürbar
3. Grad:
- schwere Fälle mit Rissen und Frakturen
- Beschwerden entfalten sich unmittelbar
In Zusammenhang mit dieser Schädigungsform ist die Harmlosigkeitsgrenze von großer Bedeutung. Diese bezieht sich auf diverse Studien, welche die These aufstellten, dass schadensersatzpflichtige HWS-Verletzungen erst ab einer gewissen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung auftreten.
In Deutschland war hierfür vor allem eine Untersuchung von 1933 prominent, die vom Ingenieurbüro Schimmelpfennig und Becke aus Münster und Prof. Castro von der Akademie für Manuelle Medizin an der Orthopädischen Universitätsklinik in Münster verantwortet wurde.
Nach der Auswertung verschiedener Crashversuche kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass ein Schleudertrauma erst ab einer Geschwindigkeitsänderung von 11 km/h möglich sei.
Demgegenüber ermittelten andere Studien davon abweichende Werte, sodass teilweise auch deutlich niedrigere Werte angenommen wurden. Einige Oberlandesgerichte stellten in der Folge dieser uneinheitlichen Beweislage wiederum eigene Grenzwerte auf, die zwischen 5 km/h und 9 km/h rangierten.
Klarheit brachte ein BGH-Urteil im Jahre 2003. Dieses lehnte eine Ausrichtung an starren Werten vollständig ab und verwies auf die Würdigung sämtlicher Umstände, sodass die Geschwindigkeitsänderung allenfalls eines von vielen Entscheidungskriterien sein kann.
Unter anderem sind folgende Aspekte bei einem Auffahrunfall zu berücksichtigen:
- Art des Aufpralls: Heck-, Frontal- oder Seitenanstoß
- Sitz- und Kopfposition zum Unfallzeitpunkt
- Einstellung von Sitz- und Kopfstütze
- Konstitution, Alter und Vorerkrankungen des Unfallopfers
- Dauer des beschwerdefreien Intervalls zwischen Verkehrsunfall und erstmaligem Auftreten von Schmerzen
Um die Chancen auf Schadensersatz zu erhöhen, ist eine detaillierte Beweisführung unerlässlich. Je genauer Sie Ihre Schäden nachweisen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Anspruch anerkannt wird. Taugliche Beweismittel sind:
- unfallanalytisches, biomechanisches Gutachten
- medizinische Nachweise durch Allgemeinmediziner und Fachärzte (z.B.: Orthopäden, Unfallchirurgen, Neurologen oder Psychologen)
- Zeugenaussagen
- Fotos des Unfallortes
- Kfz-Schadensgutachten
Schockschaden: Überreaktion der Psyche bei einem Unfall
Panische Überreaktionen in Ausnahmesituationen hat womöglich jeder schon einmal durchlebt. Beim Anblick verletzter Menschen können viele keinen klaren Gedanken mehr fassen. Alles Gelernte ist wie weggeblasen und anstatt die Unfallstelle abzusichern, beginnt so manch einer ungeachtet der eigenen Verletzungsgefahr, auf der Straße verstreute Glasscherben einzusammeln.
Wieder bei Verstand, fragen sich die Personen dann oft, was sie da gerade Unsinniges getan haben. Doch solche Handlungsweisen sind zumeist Folge einer psychischen Erschütterung, die bei unvorhersehbar hereinbrechenden belastenden Ereignissen ausgelöst werden kann.
Bezeichnet wird eine solche Form emotionaler Instabilität als Schockschaden. Dieser tritt typischerweise in einer der folgenden Situationen ein:
- Der Geschädigte war nicht unmittelbar am Unfallgeschehen beteiligt, sondern verfällt infolge der Nachricht vom Tod oder der Verletzung eines nahen Angehörigen in einen Schockzustand.
- Der Betreffende ist beim Unglück vor Ort, bleibt jedoch unverletzt. Dennoch löst das Miterleben des Unglücks einen Schock aus.
Ersthelfer sind insbesondere von diesen Formen gesundheitlicher Störungen betroffen. Um für einen Schockschaden Schmerzensgeld nach dem Unfall zu erhalten, sind gewisse Voraussetzungen zu erfüllen.
Darüber hinaus muss der Anlass für diese heftige emotionale Reaktion nachvollziehbar sein. Ein ungefährlicher Rippenbruch eines Mannes wird in der Regel nicht ausreichen, damit die Ehefrau für sich Schmerzensgeld aufgrund eines Schockschadens beanspruchen kann.
Oftmals ist der Schockschaden bei Schmerzensgeldurteilen Bestandteil der geltend gemachten Verletzungen. So sprach das Amtsgericht (AG) Berlin 2012 einem Geschädigten 2.900 Euro zu, nachdem dieser unmittelbar miterleben musste, wie ein anderer Verkehrsteilnehmer in seinem Fahrerhaus eingeklemmt verstarb, während er dessen Hand hielt.
Neben einem HWS-Syndrom erlitt der Fahrer einen Schock sowie ein posttraumatisches Belastungssyndrom.
Das OLG Berlin urteilte 1997 in einem Fall, der für viele Eltern einen absoluten Alptraum darstellt. Ein Vater kam direkt nach dem Verkehrsunfall an den Ort des Geschehens und musste dort mitansehen, wie sein 10-jähriger Sohn auf der Straße lag, nachdem dieser von einem Lkw überrollt worden war.
Das Kind erlag später seinen Verletzungen. Der Vater erhielt für den Schock, den er dabei erlitt, als Entschädigung Geld in Höhe von ca. 510 Euro.
Andrej S sagt
Schwiegervater wird von Krankenhaus entlassen und stürzt sich beim rausgehen. Hüfte gebrochen. hatt er Anspruch auf Schmerzensgeld und wer zahlt Krankenhaus oder gesetzliche Unfallversicherung?