Im Strafrecht kommt der Schuldfähigkeit eine große Rolle zu, denn: Grundsätzlich kann niemand verurteilt werden, der bei Begehung einer Tat ohne Schuld handelte (lateinisch: nulla poena sine culpa). Für den Laien scheint das nun jedoch zunächst seltsam anzumuten, bestimmt im allgemeinen Sprachgebrauch doch schon allein die Begehung die Schuld des Täters.
Im Strafrecht wird die Schuld an einem Vergehen oder Verbrechen hingegen wesentlich differenzierter betrachtet. Der Täter handelte, obwohl er einer Straftat überführt wurde, nicht immer auch schuldhaft. Die Schuldfähigkeit kann unter Umständen auch vermindert sein oder gar gänzlich aufgehoben.
Wie genau aber wird die Schuld im Strafrecht definiert? Welche Formen von Schuldfähigkeit gibt es? Und welchen Einfluss hat der Grad der Verschuldung auf das Strafverfahren? Dies und mehr erfahren Sie im Folgenden.
FAQ: Schuldfähigkeit
Bei einer Straftat geht der Gesetzgeber üblicherweise von einer Schuldfähigkeit bzw. Strafmündigkeit aus, wenn der Täter über die Fähigkeit zur Einsicht sowie zur Steuerung verfügt.
Ohne Schuld handeln Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Darüber hinaus können auch psychische, körperliche und seelische Beeinträchtigungen zur Schuldunfähigkeit führen.
Nicht schuldfähigen Tätern droht für Verbrechen und Vergehen keine Strafe. Bei einer eingeschränkten Schuldfähigkeit ist ggf. eine Strafmilderung möglich.
Inhaltsverzeichnis
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Schuldfähigkeit – Definition laut Strafrecht
Die Entscheidung, ob ein Täter schuldhaft handelte oder nicht, ist im Strafrecht an zwei Kernbegriffe geknüpft: die Einsichts- und die Steuerungsfähigkeit.
- Die Fähigkeit zur Einsicht bezieht sich auf die moralische und juristische Kenntnis des Täters. Er weiß um die Unrechtmäßigkeit seines Handelns und die möglichen Konsequenzen für ihn und das Opfer. Schuldhaft handelt hiernach, wer trotz nachzuweisender Einsichtsfähigkeit eine Straftat begeht.
- Die Steuerungsfähigkeit bezieht sich gewissermaßen auf das Handeln selbst. Ist der Täter in der Lage, die getroffene Einsicht umzusetzen und seine Handlungen entsprechend zu steuern? Trifft dies zu, so kann ihm auch hierbei Schuldfähigkeit zugesprochen werden.
Sobald einem Täter eine dieser beiden Fähigkeiten abgesprochen werden kann – ob nun aufgrund seelischer Störungen oder Drogenmissbrauchs – kann die Schuldfähigkeit zumindest eingeschränkt sein. Beschränkt sich die Unfähigkeit dabei nur auf den direkten Tatverlauf, wird in der Regel eine verminderte Schuldfähigkeit angenommen. Hierbei ist die Schuld zwar eingeschränkt, grundsätzlich aber erkennbar, sodass auch eine Bestrafung möglich ist.
Schuldfähigkeit von Jugendlichen
Neben den bisherigen benannten Schuldformen gibt es im Strafrecht auch noch eine weitere, die sich vor allem auf Jugendliche bezieht. Diese gelten bis zu ihrem vollendeten 18. Lebensjahr als bedingt schuldfähig. Das bedeutet, dass Jugendliche bis einschließlich 17 Jahren zwar als sozial und emotional gereift gelten können – gegenüber Kindern. Dennoch muss das Gericht in jedem Fall einzeln prüfen, wie weit die Reife des Täters vorangeschritten ist.
Die Schuldfähigkeit wird also nicht automatisch vorausgesetzt, sondern zunächst nur vermutet. Stellt sich heraus, dass der jugendliche Täter aufgrund seiner sittlichen und geistigen Unreife als nicht schuldfähig gelten kann, kann er zumeist strafrechtlich nicht belangt werden (§ 3 Jugendgerichtsgesetz – JGG).
Allerdings können den Jugendlichen dennoch besondere Erziehungsmaßnahmen auferlegt werden, die die Förderung der geistigen und gesellschaftlichen Reife fördern sollen.
Zusammenfassung: Welche Schuldformen gibt es im Strafrecht?
Zusammengefasst ergeben sich folgende vier Formen der Schuldfähigkeit im Strafrecht:
- volle Schuldfähigkeit
- verminderte Schuldfähigkeit
- bedingte Schuldfähigkeit (bei Jugendlichen)
- Schuldunfähigkeit (auch: Unzurechnungsfähigkeit)
So wie die Schuld des Täters Voraussetzung für eine strafrechtliche Verurteilung ist, so können Einschränkungen bezüglich der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit Auswirkungen auf die Strafverfolgung haben.
Das Schuldprinzip im Strafrecht und dessen Auswirkung auf die Strafen
Grundsätzlich ist bei der Ahndung von Vergehen und Verbrechen zu unterscheiden zwischen Minderungs- und Ausschließungsgründen. Zu letzteren gehören, wie bereits weiter oben angemerkt, vor allem folgende Aspekte:
- die Unreife aufgrund des geringen Alters (unter 14 Jahre)
- fehlende Reife aufgrund psychischer, seelischer oder anderer schwerer Entwicklungsstörungen oder Erkrankungen
- auch bei einem Jugendlichen kann die fehlende Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit auf mögliche Unreife zurückgeführt werden.
Hierbei ist von absoluter Unzurechnungsfähigkeit auszugehen. Da nun aber ein Täter, der nicht schuldhaft handelte, nach dem in der Einführung genannten Grundsatz nulla poena sine culpa nicht für seine Taten verantwortlich ist und somit auch nicht verurteilt werden kann, bleiben nicht schuldfähige Täter unbestraft.
Das bedeutet nun aber nicht, dass jeder Täter mit dem Verweis auf eine Geisteskrankheit den Kopf aus der Schlinge ziehen kann. Über die Unzurechnungsfähigkeit muss ein Nachweis erbracht werden. Liegen keine einschlägigen ärztlichen Befundberichte oder Behandlungspläne vor, kann auch in einem gesonderten Gutachten die Schuldfähigkeit geprüft werden.
Anders hingegen verhält es sich, wenn die Schuldfähigkeit eingeschränkt ist. In diesem Fall kann dies als Strafmilderungsgrund herangezogen werden (§ 21 StGB). Die Betonung liegt allerdings auf dem Wörtchen “kann”. Das Gericht ist nicht gezwungen, aufgrund der verminderten Schuldfähigkeit auch tatsächlich die Strafe herabzusetzen. Für die Bewertung sind neben den Tatumständen auch die genauen Gründe für die Einschränkung der Schuldfähigkeit im Einzelfall heranzuziehen.
Alex F sagt
Der Artikel auf koerperverletzung.com ist wirklich spannend! Als jemand, der sich für Recht und Strafrecht interessiert, finde ich das Thema der Schuldfähigkeit besonders faszinierend. Es ist erstaunlich zu sehen, wie die Rechtsprechung die geistige und seelische Verfassung einer Person berücksichtigt, um über ihre Schuld und Strafbarkeit zu entscheiden. Ich habe selbst schon von Fällen gehört, in denen die Schuldfähigkeit eine entscheidende Rolle spielte und das Urteil beeinflusst hat. Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jeder Täter in gleicher Weise verantwortlich gemacht werden kann, und die Frage der Schuldfähigkeit trägt dazu bei, Gerechtigkeit und angemessene Strafen zu gewährleisten. Dieser Artikel bietet eine gute Einführung in das Thema und regt zum Nachdenken an. Ich kann ihn allen empfehlen, die mehr über die rechtliche Dimension der Schuldfähigkeit erfahren möchten. Hier habe ich auch noch mehr über das Strafrecht gelesen
Patrick sagt
Was kann mich er warten bei einer vortäuschung in einer Straftat ich wurde angezeigt und muss zu Gericht bald was kann mich er warten ?
koerperverletzung.com sagt
Hallo Patrick,
dies können wir nicht beurteilen. Die Entscheidung über das Strafmaß obliegt dem Gericht und hängt von den jeweiligen Umständen ab. In der Regel werden Geld- oder Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren verhängt.
Ihr koerperverletzung.com-Team
Robin sagt
Ich habe ADHS und atypischen Autismus. Anfang November 2016 habe ich im Affekt meine Mutter geschlagen und getreten. Als ich dies getan hab war ich allerdings wie ‘ausgeknipst’ oder automatisch handelnd. Später habe ich dann eine Anzeige bekommen und 80 Sozialstunden wegen Schwerer häuslicher Körperverletzung. Ich möchte die Stunden nicht machen. Eine Verhandlung gab es noch nicht – also auch kein Eintrag ins Zeugnis. Was kann ich machen? Bin ich überhaupt schuldfähig?
koerperverletzung.com sagt
Hallo Robin,
leider dürfen wir keine Rechtsberatung anbieten. Ein Anwalt für Strafrecht hilft Ihnen sicherlich weiter.
Ihr koerperverletzung.com-Team