Sexuelle Belästigung | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahre |
... in besonders schwerem Falle | Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten bis zu 5 Jahren |
Spätestens seit der “MeToo”-Debatte kam es zu einer breiten gesellschaftlichen Sensibilisierung für das Thema “sexuelle Belästigung”. 2016 wurde durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung der sogenannte “Grapsch-Paragraph” (§ 184i StGB) in Deutschland eingeführt und somit hierzulande die Strafbarkeit entsprechender Handlungen genauer definiert.
Doch bei der Auffassung darüber, wann sexuelle Belästigung vorliegt, ist zwischen öffentlicher Debatte und Strafrecht zu unterscheiden. Wie genau und welche Strafen sexuelle Belästigung nach § 184i StGB nach sich ziehen kann, lesen Sie im Folgenden.
Inhaltsverzeichnis
FAQ: Sexuelle Belästigung nach § 184i StGB
Hier ist eine wichtige Unterscheidung zwischen der Definition im weiteren Sinne und der juristischen Erfassung als Straftatbestand erforderlich. Während grundsätzlich im öffentlichen Diskurs sowohl physische Handlungen, allgemein aufdringliches Verhalten oder gar mündliche Äußerungen mit sexualisiertem Hintergrund hierunter fallen können, steckt das Strafgesetzbuch (StGB) sehr enge Grenzen: Strafbar nach § 184i StGB sind demnach nur körperliche Handlungen. Mehr zu den unterschiedlichen Definitionen lesen Sie hier.
Nach § 184i StGB können eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren drohen. Unter Umständen können durch das belästigende Verhalten aber auch andere, schwerwiegendere Straftatbestände erfüllt sein (u. a. sexueller Missbrauch, Vergewaltigung), die dann vorrangig bei der Strafverfolgung in Betracht kommen.
Die Verfolgungsverjährung tritt nach fünf Jahren ein. Die Verjährung einer bereits verhängten Strafe verjährt hingegen nach drei, fünf oder zehn Jahren (ausgehend von der jeweiligen Einzelstrafe).
Was bedeutet “sexuelle Belästigung”? Allgemeine Definition & Beispiele
Im allgemeinen Sprachgebrauch fallen unter den Begriff der sexuellen Belästigung sowohl körperliche als auch verbale, sexualisierte Handlungen. In der Regel dienen diese der Machtausübung. Sie erfolgen dabei gegen den Willen des Betroffenen und verletzen dessen Persönlichkeitsrechte und Würde. Wichtig ist also nicht zuletzt, wie die betroffene Person selbst das Verhalten des Gegenüber wahrnimmt.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) definiert sexuelle Belästigung in § 3 Abs. 4 wie folgt:
“Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung […], wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.”
Nach dieser Definition könnten somit u. a. folgende Handlungsweisen als sexuelle Belästigung im weitesten Sinne gelten (ganz gleich, ob diese nun von einem Mann oder einer Frau ausgehen!):
- Hinterherpfeifen
- aufdringliche Blicke
- indiskrete Fragen zum eigenen Liebesleben
- anzügliche oder herabsetzende Bemerkungen etwa über das Aussehen
- unerwünschter Körperkontakt oder wiederholte, unerwünschte Annäherung
- unerwünschte Nachrichten mit sexualisierten Inhalten
- sexuelle Anspielung oder Witze, obszöne Gesten
- sexuelle Belästigung im Internet
- Nachstellen (Stalking)
- körperliche Gewalt bis hin zur Vergewaltigung
Insbesondere an den letzten beiden Punkten lässt sich ablesen, dass sexuelle Belästigung und andere Straftatbestände sich in der allgemeinsprachlichen Definition überschneiden. Strafrechtlich findet hier eine genauere Abgrenzung statt. Stalking (§ 238 StGB), sexuelle Nötigung/Übergriffe oder Vergewaltigung (§ 177 StGB) sind ebenso als eigenständige Straftatbestände im StGB aufgeführt wie die sexuelle Belästigung.
Wichtig! Wie bereits angemerkt spielt nicht zuletzt die Wahrnehmung durch den Betroffenen eine große Rolle bei der Bewertung. Was als belästigend empfunden wird, hängt von sehr individuellen Umständen – auch in der Beziehung zwischen den beteiligten Personen – ab. Im Allgemeinen ist der Unterschied zwischen belästigendem Verhalten und einem Flirt aber mittlerweile weitestgehend gesellschaftlicher Konsens.
Der Straftatbestand “sexuelle Belästigung” – Definition nach StGB
In Abgrenzung zum allgemeinen Verständnis steckt das Strafgesetzbuch für die Erfüllung des Tatbestands sehr enge Grenzen:
§ 184i Abs. 1 StGB erfasst explizit nur solche Vorgänge, bei denen “eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt” wird. Das heißt: Rechtlich gesehen können nur körperliche Handlungen den Straftatbestand der sexuellen Belästigung erfüllen. Diese strafrechtliche Auffassung grenzt sich also stark von dem allgemeinen Verständnis ab.
Das bedeutet jedoch nicht, dass anderes belästigendes Verhalten nicht bestraft werden kann. Entsprechende verbale oder schriftliche, sexuelle Belästigung lässt sich zum Beispiel weiterhin im Einzelfall als Beleidigung nach § 185 StGB strafrechtlich verfolgen. Und darüber hinaus können wie bereits angemerkt bei schwerwiegenderen körperlichen, sexuellen Übergriffen andere Straftatbestände erfüllt sein. § 184i StGB schließt hier also gewissermaßen eine Lücke.
Sie haben selbst sexuelle Belästigung erfahren: Was tun? Für Opfer sexualisierter Gewalt bedeutet es oftmals große Überwindung, sich hilfesuchend an andere zu wenden. Mittlerweile gibt es bundesweit zahlreiche Projekte, die erste Hilfestellung und kostenlose Beratung geben können. Ob Gewalt in der Ehe, Mobbing oder sexuelle Belästigung – Hilfe finden Sie u. a. bei den folgenden Anlaufstellen:
“Muss ich eine sexuelle Belästigung selbst anzeigen?”
Der Tatbestand “sexuelle Belästigung” ist ein Antragsdelikt. Das bedeutet: Eine Strafverfolgung kommt in aller Regel nur in Betracht, wenn die Opfer der Tat entsprechende Tatvorwürfe zur Anzeige bringen. Nur in Ausnahmefällen verfolgen die Behörden diese von Amts wegen – etwa wenn ein besonderes öffentliches Interesse hieran besteht.
Wenn Sie eine sexuelle Belästigung melden, überprüfen die Strafverfolgungsbehörden in der Regel, ob ggf. andere Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfüllt sein könnten. Dies nicht zuletzt, weil sexuelle Belästigung i. w. S. weit mehr Straftatbestände umfassen kann, als die strafrechtliche Definition nach § 184i StGB.
Sexuelle Belästigung: Welche Strafe kann Beschuldigten drohen?
Für den Grundtatbestand der sexuellen Belästigung sieht das Strafgesetzbuch als Strafrahmen eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vor. Kommt es zu einer Verurteilung wegen sexueller Belästigung, so legt das zuständige Strafgericht die Strafe innerhalb dieses Rahmens fest.
In besonders schweren Fällen liegt der Strafrahmen bei einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten bis hin zu fünf Jahren. Für die sexuelle Belästigung ist eine Geldstrafe unter solchen Vorzeichen laut Gesetzgeber nicht mehr ausreichend. Als besonders schweren Fall definiert § 184i Abs. 2 S. 2 StGB insbesondere die gemeinschaftliche Tatbegehung.
Wann verjährt sexuelle Belästigung? Eine Straftat nach 184i StGB verjährt nach fünf Jahren. Innerhalb dieses Zeitraumes können entsprechende Vergehen zur Anzeige gebracht und strafrechtlich verfolgt werden. Die Vollstreckungsverjährung richtet sich nach der Höhe der im Einzelfall festgesetzten Strafe (vgl. § 79 StGB).
Unberechtigte Anzeige wegen sexueller Belästigung: Was können Sie tun?
Ein großes Problem beim Nachweis von sexueller Belästigung nach § 184i StGB: Sehr oft gibt es für entsprechende körperliche Handlungen keine Zeugen oder greifbaren Beweise. Gegebenenfalls können zum Beispiel vorausgegangene schriftliche Belästigungen als Indizien herhalten.
Problematisch kann das am Ende jedoch nicht nur für Opfer sein, sondern auch für vielleicht zu unrecht Beschuldigte. Hierbei handelt es sich zwar nur um seltene Ausnahmefällen, aber dass vermeintliche Täter am Ende selbst Opfer unbegründeter Anschuldigungen sind (nicht selten ebenfalls aus Motiven der Machtausübung oder Rache), hat der eine oder andere prominente Fall in der Vergangenheit bereits gezeigt. Einmal in der Welt lassen sich solch unberechtigte Vorwürfe oft nur schwer wieder gänzlich abschütteln. Und das schadet nicht zuletzt denen, die tatsächlich Opfer sexueller Übergriffe werden.
Wurden Sie zu Unrecht wegen sexueller Belästigung angezeigt, sollten Sie juristischen Rat einholen. Ob nun ein Anwalt für Sexualstrafrecht in München, Berlin, Köln, Hamburg usf.: Er kann nicht nur Opfer, sondern ebenso Beschuldigte unterstützen und unberechtigte Anschuldigungen ggf. abwehren.
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